Vorsorge Kinder
Sehkraft in den ersten Lebensjahren
Die frühkindliche geistige, soziale und körperliche Entwicklung ist stark von der Interaktion des Kindes mit seiner Umwelt abhängig. Die Erkundung der direkten Umgebung erfordert einen intakten Sehsinn.
Dieser besteht zwar seit der Geburt, Sehschärfe und Zusammenspiel beider Augen reifen dagegen erst mit den ersten visuellen Reizen in den ersten Lebensmonaten und -jahren aus.
Entwicklung des visuellen Systems bei Kindern
So beträgt die Sehschärfe eines sechs Monate alten Säuglings beispielsweise lediglich 15 Prozent, eines vier bis fünf Jahre alten Kindes bereits etwa 80 Prozent.
Neben der Sehschärfe müssen sich auch das räumliche Sehen, das Farbsehen sowie das Gesichtsfeld entwickeln. Zur Ausreifung seines visuellen Systems benötigt das Kind genügend Informationen aus und Interaktion mit seiner Umwelt.
In dieser Entwicklungsphase sind die Augen des Kindes besonders empfindlich gegenüber Störungen, die unerkannt zu bleibenden Schädigungen und Entwicklungsverzögerungen führen können.
Schliesslich ist eine gesunde Reifung des kindlichen Sehsystems auch bedeutend für das spätere Erlernen des Lesens und Schreibens und legt damit einen wichtigen Grundstein für einen erfolgreichen Schul- und Lebensweg.
Daher sind regelmässige Vorsorgeuntersuchungen bei Kindern bedeutend, um auf Augenerkrankungen basierenden Entwicklungsverzögerungen frühzeitig entgegenwirken zu können.
Sehstörungen und Augenerkrankungen bei Kindern
Sehstörungen können bereits bei Säuglingen und Kleinkindern auftreten. Dabei sind Fehlsichtigkeiten und Schielerkrankungen unterschiedlicher Ausprägung die häufigsten Beeinträchtigungen des visuellen Systems im Kindesalter.
Problematisch ist, dass diese zumeist nicht oder erst spät diagnostiziert werden. Durch eine regelmässige augenärztliche Vorsorgeuntersuchung können Augenerkrankungen frühzeitig erkannt und behandelt werden, sodass späteren schwerwiegenden Beeinträchtigungen vorgebeugt werden kann.
Insbesondere folgende Sehbeeinträchtigungen werden im Rahmen einer Vorsorgeuntersuchung
- Fehlsichtigkeiten wie Kurzsichtigkeit und Weitsichtigkeit
- Gleichgewichtsstörungen des Augenmuskels (Schielerkrankungen/Strabismus)
- Störungen der Augenkontrolle (Augenzittern/Nystagmus)
- (erbliche) Netzhauterkrankungen
- angeborene Linsentrübungen (Grauer Star/Katarakt)
- Netzhauttumore (Retinoblastome: mehr Info hier)
- angeborene Erhöhungen des Augeninnendrucks (Grüner Star/Glaukom)
- Erkrankungen der Tränenorgane (u. a. Tränenwegsverschlüsse)
Bei Kindern besteht Amblyopie-Gefahr (Schwachsichtigkeit)
Sehbeeinträchtigungen im Kindesalter gehen häufig mit einer sogenannten Amblyopie (Schwachsichtigkeit) einher. Insbesondere Sehstörungen während der Entwicklung und Reifung des Sehsystems können das Risiko für eine Schwachsichtigkeit erhöhen.
Das Gehirn des Kindes erlernt noch, visuelle Reize zu verarbeiten. Dabei ist es darauf angewiesen, dass beide Augen einheitliche Sehinformationen erhalten.
Denn im Normalfall verschmelzen die Sehinformationen beider Augen zu einem Bild (sogenannte Fusion). Dies ermöglicht unter anderem auch das räumliche Sehen.
Ist das Sehvermögen eines oder beider Augen durch eine Fehlsichtigkeit, Augenmuskelgleichgewichtsstörung (Schielen) oder Linsentrübung (Katarakt) gestört, ist dies nicht mehr gewährleistet.
Das gesunde Auge unterdrückt die Seheindrücke des betroffenen Auges und versucht, die Sehbeeinträchtigung zu kompensieren. Wird dieser Entwicklung nicht vor Abschluss der Reifung des Sehvermögens entgegengewirkt, wird das nicht genutzte Auge schwachsichtig.
Es kann zudem zu Störungen des räumlichen Sehens kommen. Die entwickelte Amblyopie ist dabei irreversibel und kann nicht mehr behoben werden.
Bei früher Diagnose können die einer Amblyopie zugrundeliegenden Sehbeeinträchtigungen dagegen in aller Regel noch effektiv behandelt werden.
Rolle der Sehschule (Orthoptik)
Bei der Früherkennung und Behandlung frühkindlicher Sehbeeinträchtigungen spielt die Zusammenarbeit zwischen Augenarzt und Sehschule (Orthoptik) eine entscheidende Rolle.
Die vorsorglichen Augenuntersuchungen sollten daher stets durch eine Evaluation durch sogenannte Orthoptistinnen ergänzt werden.
Orthoptistinnen kontrollieren die Sehschärfe bei Säuglingen, Kleinkindern und Kindern, führen Schieluntersuchungen durch und behandeln Beeinträchtigungen des monokularen (einäugigen) und binokularen (beidäugigen) Sehens.
Weicht ein Auge beispielsweise wie beim Schielen von der normalen Parallelstellung ab, trainieren Orthoptistinnen mit den Kindern den betroffenen Augenmuskel.
Sie arbeiten dabei eng mit dem behandelnden Augenarzt zusammen und besprechen mit diesen Fortschritte, Verlauf sowie Anpassungen in der Behandlung.
Ab wann sind augenärztliche Vorsorgeuntersuchungen sinnvoll?
Die augenärztliche Vorsorgeuntersuchung ist generell für Kinder jeden Alters bedeutend. Im Rahmen der Untersuchung wird die organische Gesundheit des Kinderauges geprüft, um eine optimale Entwicklung der Sehschärfe sicherzustellen.
So wird bereits bei der regelmässigen kinderärztlichen Untersuchungen der Sehsinn auf angeborene Augenerkrankungen wie eine Linsentrübung (Katarakt) oder andere schwerwiegende Sehbeeinträchtigungen kontrolliert.
Augenärzte empfehlen Eltern, das Sehsystem ihres Kind bereits in den ersten 12 Lebensmonaten im Rahmen einer augenärztlich-orthoptischen Vorsorgeuntersuchung kontrollieren zu lassen. Dies gilt insbesondere dann, wenn folgende Risikofaktoren vorliegen:
- genetisch bedingte Augenerkrankungen in der Familie
- Bewegungsstörungen der Augen (Schielen, Augenzittern) bei Eltern oder Geschwistern
- Fehlsichtigkeiten bei Eltern oder Geschwistern
- Frühgeburtlichkeit
- Kinder mit Entwicklungsverzögerung
- Kinder, bei denen Syndromerkrankungen vorliegen
- Spätestens ab dem dritten Lebensjahr werden für alle Kinder (auch bei fehlenden Risikofaktoren) zweijährige Vorsorgeuntersuchungen beim Augenarzt empfohlen.
Kinder mit akuten oder neuen Sehbeeinträchtigungen wie Augenlidveränderungen, erhöhter Lichtempfindlichkeit, Pupillenveränderungen, Augenbewegungsstörungen, Augentrübungen oder -rötungen sollten dagegen umgehend einem Augenarzt vorgestellt werden.
Anzeichen für Sehbeeinträchtigungen
Kinder und Kleinkinder kommunizieren ihre Sehprobleme in vielen Fällen nicht. Sie erkennen die Einschränkungen des Sehvermögens nicht, da sie diese als natürlich hinnehmen oder sich an diese gewöhnt haben.
Eltern wird daher empfohlen, ihr Kind in den ersten 42 Monaten genau zu beobachten. Werden Anzeichen einer Fehlsichtigkeit bemerkt, wird ein zeitnaher Augenarztbesuch angeraten. Mögliche Anzeichen für Sehbeeinträchtigungen sind:
- zwanghafte Schiefhaltung des Kopfes
- Vermeidung von dem Alter entsprechenden grob- oder feinmotorischen Fähigkeiten (bspw. beim Spielen)
- häufiges Nah-an-das-Auge-Halten von Gegenständen
- häufiges Danebengreifen
- häufiges Stolpern oder Anstossen
- fehlende Reaktion auf etwas entferntere Gesichtsausdrücke (1-2 Meter Entfernung)
- Nichtbeherrschung des „Pinzettengriffs“ nach dem zweiten Geburtstag
Vorsorgeuntersuchung insbesondere bei Kindern von grosser Bedeutung
Augenärztlich-orthoptische Vorsorgeuntersuchungen sind wichtig, um mögliche Risikofaktoren und Beeinträchtigungen in der Entwicklung des visuellen Systems des Kindes frühzeitig zu erkennen.
Eine verzögerte oder unvollständige Visusentwicklung geht nicht selten mit einer eingeschränkten geistigen und motorischen Entwicklung einher.
Darüber hinaus zeigen sich manifeste Sehstörungen später häufig auch in Lern- und Konzentrationsschwierigkeiten, die wiederum den Start in ein erfolgreiches Schulleben erschweren.
Wir hier im Lux Augenzentrum sind auf die Augenuntersuchungen bei Kindern top vorbereitet. Wir untersuchen Ihr Kind professionell und lassen keine Fragen offen.
Quellen
Timothy L Jackson: Moorfields Manual of Ophthalmology, third edition, Seite 625-690.
https://augenmedizin.at/kinderuntersuchung
https://www.msdmanuals.com/de/profi/pädiatrie/augenkrankheiten-bei-kindern/amblyopie