Sehnerventzündung (Optikus neuritis)

Sehnerventzündung (Optikus neuritis)

Kategorien: AugenentzündungenVeröffentlicht am: 27. Dezember 2018Von 7,7 min LesezeitAktualisiert: 24. August 2023

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Inhaltsverzeichnis

Sehnerventzündung

Was ist eine Sehnerventzündung?

Eine Sehnervenentzündung kann durch diverse Grunderkrankungen entstehen und somit ist diese Entzündung auch häufig mit einer Multiplen Sklerose (MS) verknüpft. Das Sehvermögen eines Patienten kann durch diese Erkrankung bereits nach kurzer Zeit erheblich nachlassen. Es ist jedoch so, dass sich eine Sehnervenentzündung bereits mit Medikamenten sehr gut behandeln lässt. Die Therapie muss aber rechtzeitig begonnen werden.

Welche Funktion hat der Sehnerv?

Der Sehnerv ermöglicht uns das Sehen. Der Nerv verläuft über die Netzhaut (Retina) an der sogenannten Papille in Richtung des Gehirns und leitet über diese Nervenstränge die entsprechenden Signale aus. Eine Entzündung am Sehnerv betrifft auch Kinder, hier sind meistens beide Augen betroffen. In der Regel ist es aber so, dass die Entzündung nur an einem Auge auftritt.

Der Krankheitsverlauf bestimmt sich durch das Entzündungsgeschehen, hierbei wird unter zwei Formen unterschieden:

  • Retrobulbärneuritis (am häufigsten): Die Entzündung ist hinter dem Auge aufgetreten, sodass die Papille nicht geschwollen ist.
  • Papillitis (seltener): Die Entzündung im Auge befindet sich im Bereich der Papille, sodass diese mit einer Schwellung der Papille einhergeht.

Es wird zwischen typischen und atypischen Formen dieser Entzündung unterschieden, wobei es am häufigsten zu einer typischen Sehnerventzündung kommt, welche auch im Rahmen einer Multipler Sklerose auftreten kann, wie zu Beginn des Artikels bereits erwähnt wurde. Bei einem atypischen Entzündungsgeschehen gibt es andere Ursachen, welche ich im Folgenden ausführen möchte.

Wie häufig ist eine Sehnerventzündung?

Die häufigste Sehnerverkrankung bei jungen Erwachsenen ist eine typische Sehnerventzündung (Opticus-Neuritis oder neuritis nervi optici). Die meisten Patienten befinden sich bei einer Entzündung des Sehnervs im Alter zwischen 18 und 45 Jahren, jedoch ist es so, dass die Erkrankung theoretisch auch jüngere und ältere Personen haben können. Es ist jedoch äusserst selten.

Die Häufigkeit bestimmt sich tatsächlich auch durch die Haut, es wurde nämlich festgestellt, dass Patienten mit weisser Hautfarbe in westlichen Ländern häufiger daran erkranken. Es wird davon ausgegangen, dass pro Jahr vier von 100.000 Menschen hieran erkranken, wobei Frauen 3,4-mal häufiger betroffener sind als Männer.

Zu einer atypischen Sehnervenentzündung gibt es leider kaum epidemiologische Daten. Es ist aber Zu einer atypischen Sehnervenentzündung (Neuromyelitis optica) gibt es leider kaum epidemiologische Daten. Es ist aber bekannt, dass diese Form einer Optikusneuritis unter asiatischen und afrokaribischen Menschen häufiger vorkommt als bei europäischen Menschen. In Deutschland sind es lediglich drei Prozent der Fälle. Bei der Neuromyelitis optica kann während der Erkrankung das Uthoff-Phänomen auftreten. Dabei ist eine Sehverschlechterung beim Anstieg der Körpertemperatur zu bemerken.

Welche Symptome entstehen bei einer Sehnerventzündung?

Unter Sehnerventzündung werden akute Sehstörungen im betroffenen Auge verstanden, die sich nicht mit einem Augenbefund erklären lassen. In der Regel verschlechtert sich das Sehvermögen und führt zu einer enormen Beeinträchtigung. Dieser Krankheitsverlauf kann innerhalb von Stunden oder Tagen drastisch zunehmen. Die Sehkraft reduziert sich um ein Vielfaches, insbesondere im Bereich des Gesichtsfeldes. Betroffene schildern, dass sich die Sicht so verändert, als würde man durch einen grauen Schleier hindurchsehen.

Häufig (92% der Fälle) kommt es auch zu Schmerzen im Auge, welche sich durch Druck auf die Augen oder bei Augenbewegungen zeigen. Möglicherweise werden die Augenschmerzen jedoch auch nur als Missempfindung wahrgenommen. 30 Prozent der Patienten sehen ausserdem Lichtblitze oder Lichterscheinungen.

Je nach Verlauf dieser Form der Opticus neuritis könnte auch noch das Uthoff-Phänomen auftreten, hierbei wird sich das Sehvermögen dann verschlechtern, sobald die Körpertemperatur ansteigt, so zum Beispiel bei einer Sauna oder beim Sport. In seltenen Fällen kommt es zu einem Sehverlust.

Bei den oben genannten Symptomen lohnt es sich in Ihrer Nähe den augenärztlichen Notfalldienst aufzusuchen.

Ursachen und mögliche Risikofaktoren dieser Erkrankung

Die Ursachen einer typischen Sehnerventzündung sind glücklicherweise erforscht. Die Medizin konnte beispielsweise ermitteln, dass diese im Rahmen einer Multipler Sklerose auftritt oder durch eine Autoimmunerkrankung, wodurch wiederum das Immunsystem die Schutzschicht der Nervenfasern angreifen kann.

Bei einer atypischen Sehnerventzündung sind die Ursachen ebenfalls klar, hierbei wird unter drei Gruppen unterschieden:

  • Atypische Sehnerventzündung: Entwickelt sich nach Infektion (möglicherweise auch nach Impfungen)
  • Manifestation einer Autoimmunerkrankung (zum Beispiel Lupus)
  • Durch eine Infektion direkt oder indirekt über den jeweiligen Erreeger, wie zum Beispiel Borreliose oder Syphilis.

Medikamente können dies ebenfalls verursachen, so unter anderem Tamoxifen (gegen Brustkrebs) oder auch Vergiftungen mit Nikotin, Blei und Alkohol können dafür sorgen.

Diagnose und Untersuchung bei einer Entzündung

Damit die Diagnose gestellt werden kann, wird der Arzt zuerst eine Krankheitsgeschichte (die sogenannte Anamnese) abfragen. Es muss erläutert werden, wann sich das Sehen verschlechtert hat oder ob Familienmitglieder ähnliche Symptome haben beziehungsweise ob in der Familie ein Fall von Multipler Sklerose bekannt ist. Zusätzlich werden die jeweiligen Symptome abgefragt.

Die Untersuchung erfolgt daraufhin unterschiedlich, hier hat jeder Augenarzt zur Untersuchung einer Sehnerventzündung völlig andere Methoden oder Utensilien. Meistens ähneln sich die Untersuchungen aber dennoch, da sich Standards entwickelt haben.

Pupillenreaktion testen

Der Arzt leuchtet zuerst mit einer kleinen Lampe in die Augen und beobachtet dabei, wie die Pupille reagiert. In einem normalen Fall würden sich die Pupillen verengen, egal wie der Arzt den Lichtkegel richtet. Bei einer Retrobulbärneuritis ist das aber anders, denn es setzt ein Pupillendefekt (RAPD) ein. Der Sehnerv leitet die Lichtsignale kaum mehr in das Gehirn weiter. Die Pupillen verengen sich weniger stark.

Sehschärfe bestimmen

Durch eine Buchstaben- und Zahlentafel kann die Sehschärfe bestimmt werden. Bei einer Entzündung ist die Sehleistung entsprechend gemindert. Der Augenarzt kann bereits hierdurch einen ersten Verdacht haben, denn die Niedrigkontrast-Sehschärfe ist innerhalb der akuten Phase am meisten beeinträchtigt.

Augenbeweglichkeitstest

Der Arzt prüft die Beweglichkeit der Augen, bei dieser Untersuchung muss zum Beispiel ein Kugelschreiber mit den Augen verfolgt werden. Dabei dürfen Sie aber nicht den Kopf bewegen. Bei dieser Untersuchung müssen Sie angeben, ob Sie Doppelbilder oder schmerzen wahrnehmen.

Gesichtsfeldbestimmung

Das Gesichtsfeld ist bei einer Erkrankung eingeschränkt und somit muss nun getestet werden, welcher Bereich mit den Augen überhaupt noch wahrgenommen wird, ohne den Kopf zu bewegen. Die Gesichtsfelduntersuchung kann grob mit den Fingern getestet werden. Für eine genaue Bestimmung ist ein Perimeter notwendig.

Untersuchung des Augenhintergrundes

Der Augenhintergrund wird mit einem Augenspiegel untersucht, hierüber kann die Netzhaut beurteilt werden. Der Arzt achtet ausserdem auf Veränderungen in den Blutgefässen an den Stellen, wo der Sehnerv das Auge verlässt – die sogenannte Papille.

Farbwahrnehmungsprüfung

Die Farbsättigung lässt entsprechend nach, dies ist vor allem bei der Farbe Rot erkenntlich.

Testung der Sehnervleitung

Nun muss die Sehnervleitung getestet werden, dies funktioniert mithilfe von visuell evozierten Potenzialen (VEP), damit wird auch die Leitungsgeschwindigkeit des Sehnervs überprüft. Die Messmethode wird durch Elektroden am Kopf angebracht. Die Reizung Ihres Sehnervs erfolgt durch das Zeigen von Bildern, hierdurch können dann nämlich die Elektroden bemesst werden.

So erfolgt die weitere Diagnostik

Sobald der Arzt ermittelt hat, ob es sich um eine typische oder atypische Sehnerventzündung handelt, werden weitere Untersuchungen durchgeführt. Durch diese Methoden werden dann die Ursachen herausgefunden.

Bei Bei einer typischen Sehnerventzündung entwickelt der Patient im Verlauf der nächsten fünf Jahre in circa 30 Prozent der Fälle eine Multiple Sklerose. Die Diagnose erfolgt hierfür über die Kernspintomografie (MRT) des Kopfes und der Wirbelsäule.

Zudem können noch weitere Krankheiten ursächlich sein, dann wird in der Regel Blut abgenommen. Das Blut wird auf Antikörper und Krankheitserreger untersucht.

Separierung der Nervenentzündung

Die Symptome sprechen auch für andere Erkrankungen und somit ist es wichtig, dass die Sehnerventzündung von anderen Krankheiten abgegrenzt wird. Hierzu zählt die Stauungspapille, wodurch wiederum der Hirndruck ansteigt und mögliche ähnliche Krankheitszeichen das Sehen einschränkt. Möglicherweise liegt auch eine Vergiftung vor oder eine andere Augenerkrankung.

Wie erfolgt die Behandlung?

Die Behandlung erfolgt über ein Kortison, dies wirkt nämlich immunsuppressiv und entzündungshemmend. Die Behandlung führt dazu, dass die Beschwerden abklingen, wobei aber das Sehvermögen nicht beeinflusst wird.

In den ersten Tagen wird das Kortison (als Glukokortikoide) als Infusion oder auch in Tablettenform verabreicht. Die Dosierung wird über die Zeit hinweg immer geringer.

Die Medikamente führen zu diversen Nebenwirkungen und Risikofaktoren, so könnte sich daraus auch ein Magengeschwür entwickeln. Eine hochdosierte Kortisonbehandlung erfolgt aus diesem Grund ausschliesslich stationär, wobei hier weitere spezielle Medikamente wie einem Protonenpumpenhemmer zusätzlich verabreicht werden.

Sollte die Entzündung aufgrund einer bakteriellen Infektion resultieren, dann muss zusätzlich eine antibiotische Therapie hinzukommen. Sollte es eine Grunderkrankung geben, dann muss auch dies therapiert werden.

Wann ist ein Augenarzt notwendig?

Sie sollten umgehend einen Augenarzt konsultieren, sobald Sie eine Verschlechterung des Sehvermögens wahrnehmen. Es besteht nämlich die Gefahr, dass es sich eben nicht nur um eine Entzündung am Nerv liegt, sondern andere Ursachen hat. Nutzen Sie unsere Online-Terminvereinbarung, wenn Sie unsere Augenärzte im Glattpark (Opfikon) bei Zürich besuchen möchten.

Quellen

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