Akanthamöben-Keratitis

Akanthamöben-Keratitis

Kategorien: HornhautproblemeVeröffentlicht am: 31. März 2019Von 5,3 min LesezeitAktualisiert: 26. Februar 2024

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Inhaltsverzeichnis

Akanthamoeben-Keratitis

Einführung

Akanthamöben können eine verheerende Hornhautentzündung verursachen. Leider kommt eine Akanthamöbenkeratitis (auch acanthamoeba keratitis genannt) in der Schweiz und im deutschsprachigen Raum bei Kontaktlinsenträgern häufig vor. Durch ein Trauma können die Erreger dieser Entzündung, die Akanthamöben, auch in die Hornhaut (Kornea) eindringen.

Vorkommen der Akanthamöben

Diese Parasiten leben in Seen, im Leitungswasser, Swimmingpool-Wasser und in der Erde. Genau deswegen sollten Linsenträger nie mit Kontaktlinsen duschen oder schwimmen.

Kochsalzlösungen können ebenfalls Akanthamöben enthalten!

Eigenschaften der Parasiten

Diese Parasiten sind Einzeller und haben zwei Formen. Die Trophozoiten sind die aktive Form, welche verschiedene Enzyme anweden und sehr tief in die Kornea eindringen können. Die Trophozoiten sind leicht zu zerstören.

Die andere Form ist die zystoide Form, welche extrem resistent und nahezu unzerstörbar ist.  Die Akanthamöben vermehren sich durch binäre Spaltung.

Symptome der Akanthamöben-Keratitis

Patienten mit Akanthamöbenkeratitis haben häufig höllische Augenschmerzen. Ein teil der Patienten klagen hingegen über keine Schmerzen. Lichtempfindlichkeit, starke Augenrötung und Tränenträufeln wurden häufig bei dieser Infektion beschrieben.

Patienten mit Akanthamöben-Keratitis haben oft eine lange Leidensgeschichte. Mehrere Antibiotika haben keine Wirkung gezeigt.

Klinische Befunde der Hornhautinfektion

In der Anfangsphase ist die Infektion auf das Hornhautepithel lokalisiert. Es zeige sich punktförmige Epithelauflockerungen.

Diese punktförmigen Epithelauflockerungen können in dendritische epitheliale Läsionen übergehen. Diese dendritischen epithelialen Läsionen ähneln den dendritischen Läsionen bei Herpes Simplex Keratitis, aber die Endkolben fehlen bei den dendritischen Läsionen der Akanthamöben.

Die Infektion dringt mit der Zeit in das Hornhautstroma ein und verursacht häufig im Zentrum des Hornhautstromas ein weisslich-graues Infiltrat. Im Verlauf entwickelt sich zentral oder peripher ein Ringinfiltrat.

Dieses Ringinfiltrat kann auch halbringförmig sein. 

Die Hornhautnerven entzünden sich in 10-30% der Fälle und es zeigen sich perineurale Infiltrate in der Hornhaut. Die perineuralen Infiltrate sind pathognomonisch für die Akanthamöben-Keratitis.

Limbitis (Entzündung des Hornhautrandes) ist bei dieser Infektion häufig zu sehen, auch in der Anfangsphase. 

Ptose (herabhängendes Oberlid), Dakryoadenitis (Entzündung der Tränendrüse), Skleritis (Lederhautentzündung) oder Endophthalmitis (Entzündung des Augeninneren) können die Hornhautinfektion begleiten.

In sehr seltetnen Fällen müssen Patienten mit Lederhautentzündung bei Akanthamöben-Keratitis sogar immunsupprimiert werden. 

Eine Endophthalmitis kann sich entwickeln, wenn eine schwere Hornhautinfektion vorliegt, die auf die Therapie gar nicht anspricht oder nach tektonischer Hornhauttransplantation.

Diagnostik

Mehrere Möglichkeiten stehen uns zur Verfügung. Nach der Abstrichentnahme erfolgt die Färbung mit Giemsa und/oder Calcofluor weiss und/oder Acridine Orange.

Der Abstrich kann auf Nichtnähragar oder Soya-Agar ausgestrichen werden. Das Problem ist mit diesen Kulturen ist, dass sie nur in 35-50% der Fälle positiv sind.

PCR und konfokale Mikroskopie sind die zwei besten diagnostischen Mittel. PCR hat eine Sensitivität von über 80% und eine Spezifität von nahezu 100%.

Die konfokale Mikroskopie hat eine Sensitivität und Speizifität von über 90% in erfahrenen Händen. Bei Zweifel kann die Hornhautbiopsie die Akanthamöben nachweisen.

Therapie für die Akanthamöben-Keratitis

Das Ziel der Therapie ist die schnelle Eliminierung der Erreger und die Verringerung der Entzündung. Mehrere internationale Protokolle stehen zur Verfügung. Laut American Academy of Ophthalmology reicht es, wenn eine Monotherapie mit PHMB 0.02% eingeleitet wird.

Eines der besten Protokolle ist das Therapieprotokoll von John Dart:
PHMB 0.02% mit Propamidine (Broléne) werden stündlich Tag und Nacht für 48 Stunden getropft. Nach 48 Stunden werden diese zwei Tropfen nur tagsüber stündlich für 7-10 Tage getropft. Danach werden diese Tropfen alle 2 Stunden für 2-4 Wochen getropft.

Nach dieser Periode wird die Therapie induviduell angepasst. Eine 4x/Tag Tropftherapie muss noch wochenlang weitergeführt werden.

Die Toxizität der Tropfen muss auch in Erwägung gezogen werden. Eine Befundverschlechterung kann nicht nur bei Nichtansprechen auf die Therapie vorkommen. Diese Augentropfen (PHMB und Broléne) sind sehr toxische Medikamente.

Es stellt sich die Frage, wie man eine toxizitätbedingte Befundverschlechterung von einer wirkungslosen Therapie unterscheiden kann. Wir wissen, dass die Akanthamöbenkeratitis keine fulminante Erkrankung ist.

Wir dürfen die Therapie ruhig für 3-7 Tage unterbrechen und schauen, wie die Hornhaut reagiert. Bei Befundbesserung waren eindeutig die Augentropfen für den schlechteren Befund verantwortlich. In gewissen Kliniken werden sogar PHMB 0.06% und PHMB 0.08% eingesetzt.

Ungefähr 5% der Fälle verschlechtern sich trotz wirksamer Therapie. Der Hauptrisikofaktor ist die spät gestellte Diagnose. Ein weiteres Problem ist, dass die in vivo und in vitro Antworten voneinander stark abweichen.

Dafür ist sehr wahrscheinlich das tiefe Eindringen der Akanthamöben in das Hornhautstroma verantwortlich. 

Wenn zu viele Medikamente verwendet werden, können diese zu einer Toxizität führen.

Kortikosteroide müssen in der Regel in den ersten 2 Wochen nicht angewendet werden. 

Laut Studien werden Augen, die früh mit Kortikosteroiden behandelt wurden eine schlechtere Sehkraft nach der abgeschlossenen Therapie erzielen, als die Augen, die erst später mit Kortison behandelt wurden. Prednisolon 0.1% 2-4x/Tag ist die empfohlene Dosierung.

Die Hornhauttransplantation (Keratoplastik) sollte erst nach der erfolgreichen Behandlung der Akanthamöben-Keratitis erfolgen. 

Corneales Crosslinking ist in den meisten Fällen ineffektiv, weil die akanthamöben sehr tief in das Stroma der Hornhaut einringen und das Crosslinking die Amöben in dieser Tiefe nicht mehr erreichen kann. Und wir wissen, dass Crosslinking die Penetration der Augentropfen reduziert.

Das Medikament Miltefosin wurde von der FDA im Dezember 2016 für die Behandlung der Akanthamöben-Keratitis zugelassen.

Zusammenfassung

Die Diagnostik und die Behandlung der Akanthamöben-Keratitis sind eine grosse Herausforderung in der Augenheilkunde.

Bei kontaktlinsen-assoziierter Keratitis muss man auch an Akanthamöben denken, vor allem wenn die Therapie nach 2-3 Wochen keine Wirkung zeigt.

Es ist wichtig, dass die Diagnose der Akanthamöben-Keratitis innerhalb von den ersten 3 Wochen gestellt werden sollte. PCR und konfokale Mikroskopie sind neben den Färbungen die besten diagnostischen Hilfsmittel.

Eine intensive Tropftherapie mit PHMB 0.02% und Broléne 0.1% ist empfohlen.

Wenn Sie Kontaktlinsenträger sind und Sie Beschwerden haben (Schmerzen, Sehminderung, Augenentzündung) kontaktieren Sie unsere Augenärzte in unserer Augenklinik in Zürich bei Opfikon.

Quellen

  • Nika Bagheri, Brynn N. Wajda: The Wills Eye Manual, 7th edition, Seite 70-72.
  • Timothy L Jackson: Moorfields Manual of Ophthalmology, third edition, Seite 211-212.
  • Jacob Lorenzo-Morales, Naveed A. Khan, Julia Walochnik: An update on Acanthamoeba keratitis: diagnosis, pathogenesis and treatment, 18.02.2022. Unter: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4330640/
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