Akute posteriore multifokale plakoide Pigmentepitheliopathie (APMPPE)

Akute posteriore multifokale plakoide Pigmentepitheliopathie (APMPPE)

Kategorien: NetzhautproblemeVeröffentlicht am: 2. Juni 2022Von 5,1 min LesezeitAktualisiert: 2. Juni 2022

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Inhaltsverzeichnis

apmppe

Was ist unter einer akuten posterioren multifokalen plakoiden Pigmentepitheliopathie (APMPPE) zu verstehen?

Bei der akuten posterioren multifokalen plakoiden Pigmentepitheliopathie (APMPPE) handelt es sich um eine entzündliche Chorioretinopathie in der Netzhaut auf der Ebene des retinalen Pigmentepithels und der Choriokapillaris. Das Pigmentepithel weist weiss-gelbliche Veränderungen auf. Erstmalig wurde das Krankheitsbild 1968 von Gass beschrieben. Klassifiziert ist es als White-Dot-Syndrom. Diese Augenkrankheit kommt mit einer Inzidenz von ungefähr 0,15 Fällen pro 100.000 Personen relativ selten vor.

Die akute posteriore multifokale plakoide Pigmentepitheliopathie ist bilateral, das heisst, dass die Augen von Männern und Frauen in etwa gleich häufig davon betroffen sind. In der Regel tritt die Erkrankung in einem Alter zwischen zehn und 40 Jahren auf und kann dann mit systemischen Begleiterkrankungen einhergehen.

Ursachen und Risikofaktoren einer APMPPE

In seiner ursprünglichen Beschreibung wählte Gass den Begriff der „Pigmentepitheliopathie“, weil hiermit sogleich auf das am stärksten betroffene Gewebe hingewiesen wurde. Durch die Entwicklung der Fundus-Fluoreszein-Angiographie gingen van Buskirk et al. und Deutman et al. eher von einer Choriokapillaris-Ischämie als primäre Ätiologie aus.

Aktueller ist der Ansatz von Steptoe et al., die eine direkte neurotrope Infektionshypothese in Diskussion gestellt haben. Sie zeigten, dass vor den Veränderungen innerhalb der äusseren Netzhaut bereits Änderungen innerhalb der Nervenfaserschicht zu verzeichnen sind. Zudem beobachteten sie axonale Sphäroide, die entlang der unmyelinisierten Photorezeptoraxone (Henle-Faserschicht) entstehen.

In etwa ein Drittel der Patienten berichtete über eine vorhergehende virale beziehungsweise grippeähnliche Erkrankung. Eine akute posteriore multifokale plakoide Pigmentepitheliopathie trat gehäuft im Zusammenhang mit diesen Diagnosen auf:

  • Thyreoiditis
  • Erythema nodosum
  • Granulomatose mit Polyangiitis
  • Polyarteriitis nodosa
  • Nephritis
  • Sarkoidose
  • Skleritis
  • Colitis ulcerosa
  • Vaskulitis des zentralen Nervensystems (ZNS)
  • nach einer Mehrfachimpfung*

*Polio, Tetanus, Hepatitis A und B, Windpocken, Meningokokken C, Influenza, Gelbfieber, Typhus

Weitere infektiöse Assoziationen stehen im Zusammenwirken mit:

  • Streptokokken der Gruppe A
  • Adenovirus-5
  • Coxsackie-B
  • Lyme-Borreliose
  • Mumps
  • Tuberkulose

Darüber hinaus wurde auch über genetische Assoziationen wie die genetischen Haplotypen von HLA-B7 und HLA-DR2 berichtet.

Durch welche Symptome kündigt sich eine akute posteriore plakoide Pigmentepitheliopathie an?

Die häufigsten Symptome sind verschwommenes Sehen in Verbindung mit Kopfschmerzen und zentralen oder parazentralen Skotomen. Oftmals wird auch von einem grippeähnlichen Prodrom berichtet. Als weitere visuelle Einschränkungen kann eine Photopsie oder Metamorphopsie auftreten. Als klassischer Befund bei DFE gelten cremig-gelbe oder grau-weisse choroidale Läsionen in der gesamten Makula. Der Bereich, wo die Sehzellen besonders dicht angeordnet sind, heisst Makula. Die visuellen Symptome klingen aber nach vier bis acht Wochen ab.

Diagnostik

Abgesehen vom klinischen Bild gibt eine fundoskopische Untersuchung mit oder auch ohne Bildgebung einen recht eindeutigen Befund. Zur Bestätigung der Diagnose ist die Fluoreszein-Angiographie durchaus hilfreich. Der multimodale Bildgebungsansatz umfasst die Anwendung von mehreren Diagnoseverfahren:

  • Fluoreszein-Angiographie
  • Indocyaningrün-Angiographie
  • optische Kohärenztomographie im Spektralbereich
  • optische Kohärenztomographie-Angiographie (OCTA)
  • Fundusautofluoreszenz

Zur eindeutigen Bestätigung der Diagnose liegen allerdings noch keine spezifischen Labortests vor, obwohl in den meisten Fällen eine Fluorescein-Angiographie sowie eine Indocyanin-Grün-Angiographie durchgeführt werden. Die folgenden Befunde sind für diese Verfahren charakteristisch:

  • Fluoreszein-Angiogramm (FA)
  • Indocyaningrün (ICG)-Angiogramm
  • Fundusautofluoreszenz (FAF)
  • Optische Kohärenztomographie (OCT)
  • Spektraldomänen- und optische Kohärenztomographie-Angiographie (SD-OCTA)

Bei Patienten mit einer aktuellen APMPPE-Diagnose sollte zusätzlich eine ZNS-Bildgebung veranlasst werden, damit gegebenenfalls eine ZNS-Vaskulitis ausgeschlossen werden kann.

Differentialdiagnosen

Es gibt weitere White-Dot-Syndrome, die leicht mit APMPPE zu verwechseln sind. Serpiginöse Choroiditis und relentless placoide Choroiditis sind ebenfalls durch cremefarbene oder gelb-weissliche placoide Läsionen gekennzeichnet.

  • Relentless placoide Choroiditis (RPC)
    Eine RPC sollte bei einer persistierenden APMPPE, die schon länger als ein halbes Jahr besteht, in Betracht gezogen werden. Die plakoiden Läsionen sind bei RPC noch zahlreicher und peripherer und sogar vor dem Äquator vorhanden.
  • Serpiginöse Chorioretinitis (SC)
    Eine SC verläuft schwerer und chronischer als die akute posteriore multifokale plakoide Pigmentepitheliopathie. Typischerweise treten die plakoiden Läsionen eher in der Makukla oder peripapillären Region auf und breiten sich dann zentrifugal schlangenförmig aus. Neue Läsionen scheinen dabei aus den Rändern von alten Läsionen auszubrechen. Die SC kann durch Tuberkulose oder Syphilis verursacht werden.
  • Multiples evaneszentes White-Dot-Syndrom
    Eher kleinere, einseitige Läsionen, Bandscheibenödem, foveale Körnigkeit.
  • Multifokale Choroiditis und Panuveitis
  • Punktierte innere Choroidopathie
  • Birdshot-Chorioretinopathie
  • Vogt-Koyanagi-Harada-Syndrom (VKH)
    VKH und APMPPE können in einem Krankheitsspektrum liegen. Eine atypische APMPPE kann einseitig mit Papillitis, subretinaler Flüssigkeit und retinaler Vaskulitis auftreten. Bewährt haben sich hier systemische Steroide.

Andere infektiöse Augenentzündungen wie Pilzerkrankungen, Tuberkulose oder Syphilis, Lymphome und Aderhautmetastasen können ebenfalls plakoide Läsionen hervorbringen und sollten im Fall des klinischen Verdachts durch geeignete Tests ausgeschlossen werden.

Therapie und Prognose der APMPPE

Es besteht zurzeit noch kein Konsens hinsichtlich der Therapie eines Visusverlusts bei APMPPE. Steroide haben sich jedoch als vorteilhaft erwiesen, insbesondere in Fällen von fovealer Beteiligung und einer damit verbundenen ZNS-Vaskulitis. Einige Ärzte entscheiden sich aber auch ohne diese Merkmale für Steroide.

Um die optimale Dosierung, die Dauer und die Wirkung einer Steroidbehandlung bei APMPPE herauszufinden, braucht es noch dringend weitere Studien zu diesem Themenkreis. Patienten mit aktueller APMPPE-Diagnose sollten sich einer vollständigen neurologischen und systemischen Untersuchung unterziehen, um eine mögliche ZNS-Vaskulitis und andere damit verbundene systemische Erkrankungen, insbesondere Infektions- und Autoimmunkrankheiten aufdecken und parallel behandeln zu können.

Die akute posteriore multifokale plakoide Pigmentepitheliopathie (APMPPE) ist im Allgemeinen mit einer guten Prognose behaftet. Die Mehrheit der Patienten erreichen damit eine Sehschärfe von 20/40, wobei die visuelle Erholung je nach Verlauf der Erkrankung in etwa vier Wochen dauert. In Einzelfällen können es aber auch mal sechs Monate sein.

Fiore el al. analysierten dazu 183 Artikel und kamen zu dem Schluss, dass circa ein Viertel der Patienten eine Sehschärfe von 20/50 oder schlechter aufwies. Eine eher ungünstige Prognose kann manchmal mit diesen atypischen Merkmalen in Verbindung stehen:

  • Alter über 60 Jahre
  • Einseitigkeit
  • Zeitintervall von mehr als einem halben Jahr bis zum Befall des zweiten Auges
  • Wiederauftreten der Erkrankung
  • Leckagen aus Aderhautvenen.

Sollten Sie Fragen bezüglich der Symptome oder des Krankheitsverlauf haben, können Sie gerne unsere Augenärzte in Opfikon im Kanton Zürich kontaktieren. Gerne helfen wir Ihnen.

Quellen

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