Axenfeld-Rieger-Syndrom

Axenfeld-Rieger-Syndrom

Kategorien: Syndrome & AugenerkrankungenVeröffentlicht am: 8. Mai 2023Von 4 min LesezeitAktualisiert: 8. Mai 2023

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Inhaltsverzeichnis

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Was ist das Axenfeld-Rieger-Syndrom?

Das Axenfeld-Rieger-Syndrom (kurz ARS, auch Rieger-Syndrom) bezeichnet eine seltene genetisch vererbbare Entwicklungsstörung, die sich vor allem im Bereich vorderen Augen und der Zähne zeigt. Es handelt sich um eine Gruppe von Anomalien mit unterschiedlich ausgeprägten Fehlbildungen. Die Häufigkeit des Axenfeld-Rieger-Syndroms liegt bei 1:200.000. Zudem können begleitend extra-okuläre Symptome vorliegen.

Wo liegen die Ursachen des Axenfeld-Rieger-Syndroms?

Ursächlich für das Axenfeld-Rieger-Syndrom ist eine autosomal-dominante Vererbung, wobei die Chromosomen 4, 6, 11 und 18 betroffen sind. Die Mutationen liegen in den Genen PITX2, FOXC1 oder FOXO1A vor. Ist ein Elternteil Erbträger, gibt er die Krankheit mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 % an sein Kind weiter. In 60 % aller Krankheitsfälle ist der zugrundeliegende Defekt für die Fehlbildungen nicht bekannt.

Welche Symptome treten auf?

Das Axenfeld-Rieger-Syndrom geht mit einer Reihe von verschiedenen Mutationen einher, von denen die Augen, das Gesicht, das Gebiss und das Skelett betroffen sein können. Bei den Augenveränderungen handelt es sich hauptsächlich um Veränderungen der Iris, beispielsweise als Kolobom, des Kammerwinkels und der Cornea. Ein Kolobom ist angeborene oder erworbene Spaltbildung.

Die auftretenden Symtome sind von Patient zu Patient unterschiedlich. Diese Fehlbildungen kommen unter anderem vor:

  • Verformungen oder Verlagerungen der Pupille
  • Verwachsungen oder Verklebungen am Auge (Synechien)
  • Hypoplasie, Korektopie oder Lochbildungen in der Iris
  • Verringerte Anzahl an Zähnen und verminderte Zahngrössen
  • Fehlbildungen des Kiefers und des Gesichtsschädels
  • Knochenbildungsstörungen im Skelettsystem

Im weiteren Verlauf können die durch das Axenfeld-Rieger-Syndrom bedingten Fehlbildungen zu Folgeerkrankungen führen. Zu nennen ist hier vor allem das Glaukom (auch Grüner Star), einer irreversible Schädigung des Sehnervs, die zur Erblindung führen kann, denn die peripheren Irisfasern überspannen den Kammerwinkel. Auch Mittelohrschwerhörigkeit, cerebrale Retardierung, Mikrodontie, Hypodontie und Wachstumsverzögerungen sind mögliche Auswirkungen des Axenfeld-Rieger-Syndroms. Unter einer Mikrodontie wird seltene Veränderung verstanden, bei der einer oder mehrere Zähne im Verhältnis zum Kiefer kleiner als gewöhnlich sind. Hypodontie beschreibt eine Zahnunterzahl.

Wie wird die Diagnose gestellt?

Die Diagnose einer Erkrankung aus der Gruppe des Axenfeld-Rieger-Syndroms erfolgt über klinische und ophthalmologische Untersuchungen. Liegen weitere assoziierte Befunde beim Patienten vor, unterstützen diese die Diagnose. Eine Bestätigung bringt eine genetische Analyse.

Ist eine familiäre Mutation bekannt, kann das Axenfeld-Rieger-Syndrom bereits im Mutterleib festgestellt werden. In diesem Fall ist es ratsam, eine genetische Beratung für Patienten und ihre Familien anzubieten, um sie über das hohe Risiko einer Weitergabe der Erkrankung an ihre Kinder zu informieren und sie bei der Entscheidungsfindung zu unterstützen.

Was sind die relevanten Differenzialdiagnosen?

Zur einwandfreien Diagnostik des Axenfeld-Rieger-Syndroms müssen neben der Iris-Hypoplasie insbesondere folgende Erkrankungen mit einer ähnlichen Symptomatik ausgeschlossen werden:

  • Peters-Anomalie: Die seltene, genetisch bedingte Peters-Anomalie geht vor allem mit einer Fehlbildung der Augen einschliesslich einer Hornhauttrübung einher. Die Häufigkeit liegt bei 1:1.000.000.
  • Peters-Plus-Syndrom: Das Peters-Plus-Syndrom kann zusammen mit der Peters-Anomalie auftreten und ist von einer starken Unterentwicklung der vorderen Augenkammer gekennzeichnet. Es sind nur etwa 20 Krankheitsfälle dokumentiert.
  • Iridokorneales endotheliales Syndrom (ICE-Syndrom): Das Iridokorneales endotheliale Syndrom umfasst eine Gruppe von sehr seltenen Hornhauterkrankungen, die meist bei Frauen zwischen 20 und 50 Jahren auftreten. Als Ursache wird eine Virusinfektion vermutet.
  • Aniridie: Bei der Aniridie handelt es sich um eine erblich bedingte Unterentwicklung oder einem vollständigen Fehlen der Iris, wobei häufig auch die Netzhaut beschädigt ist. Eine Aniridie tritt mit einer Wahrscheinlichkeit von 1-9:100.000 auf.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Zu diesem Zeitpunkt (2022) ist eine ursächliche Behandlung des Axenfeld-Rieger-Syndroms nicht möglich. Einige Ausprägungen der Erkrankung können jedoch mit Medikamenten und Operationen therapiert werden.

Um ein Glaukom frühzeitig zu erkennen, sollten jährlich Spaltlampenuntersuchungen sowie Gonioskopien, Fundoskopien und IOD-Messungen stattfinden. Bei einem Verdacht auf ein entstehendes Glaukom, kann bei einer Autoperimetrie die Leistungsfähigkeit der Augen und das Sichtfeld beurteilt werden.

Bei Bestehen eines Glaukoms ist es üblich, Augentropfen zur Senkung des Augeninnendrucks zu verabreichen, die Wirkstoffe zur Minderung des Kammerwassers enthalten. Sollten Augentropfen hierfür nicht ausreichend sein, empfiehlt sich die Durchführung einer Trabekulektomie. Hierbei wird ein künstlicher Abfluss für das Kammerwasser zur Regulierung des inneren Augendrucks geschaffen. Als Alternative für eine Operation kommt mit etwas geringeren Erfolgsaussichten auch ein Lasereingriff infrage.

Befinden sich durch Fehlbildungen in der Vorkammer der Augen Löcher in der Iris, die eine erhöhte Lichtempfindlichkeit verursachen, können Kontaktlinsen diese Löcher abdecken.

Fazit

Das Axenfeld-Rieger-Syndrom ist eine seltene, vererbte Erkrankung, die vor allem durch Anomalien der Augen und des Gesichtsschädels gekennzeichnet ist. Es können aber weitere Ausprägungen wie Mittelohrschwerhörigkeit oder cerebrale Retardierung vorlieren. Die Behandlung konzentriert sich darauf, Symptome zu lindern und die Entstehung eines Grünen Stars durch die Regulierung des Augeninnendrucks zu verhindern. Die Prognose ist je nach individuellem Krankheitsverlauf unterschiedlich, aber besonders bei Fehlen eines Glaukoms als gut zu beurteilen.

Quellen

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