Kanaloplastik: Ablauf, Nachsorge und Komplikationen
Inhaltsverzeichnis
Kanaloplastik – für Patienten verständlich erklärt
Die Trabekulektomie (TET) ist bis heute die weltweit am häufigsten durchgeführte operative Therapie beim primär chronischen Offenwinkelglaukom (POWG). Für die Behandlung eines Glaukoms gehört aber die Kanaloplastik zu den heutzutage modernen nicht-penetrierenden, anders gesagt überaus patientenfreundlichen Operationsmethoden der Glaukomchirurgie.
Mit einem Mikrokatheter wird der extrem dünne Abflusskanal des Auges aufgedehnt mit der Folge, dass dann die Augenflüssigkeit auf natürlichem Wege – wieder – abfliessen kann. Der entscheidende Vorteil einer Kanaloplastik ist die Tatsache, dass individuell-natürliche Abflusswege erhalten bleiben und auf spürbar verbesserte Weise wieder genutzt werden. Das Anlegen eines künstlichen Abflusskanals erübrigt sich somit durch die Kanaloplastik.
Anhand des nur ¼ Millimeter dünnen Abflusskanals eines Auges wird deutlich, wie filigran im OP-Verlauf einer Kanaloplastik gearbeitet wird, etwas zwingender formuliert werden muss. Die fachliche Bezeichnung für den Abflusskanal ist der Schlemmsche-Kanal. Er befindet sich im skleralen Anteil des Kammerwinkels und sorgt dort für den Abfluss des Kammerwassers. Sklera ist die äussere Umhüllung des Augapfels. Zusammen mit der Cornea bildet sie die äussere Augenhaut und sorgt für die Formkonstanz des Auges.
Glaukom und Kanaloplastik
Erhöhter Augendruck ist einer der viel verbreiteten Risikofaktoren für das Offenwinkelglaukom. Die Augenerkrankung ist landläufig bekannt als Grüner Star. Anhand der Anatomie des Auges wird in das Offenwinkel- und das Engwinkel-Glaukom unterschieden. In ihrer Struktur bilden sie den sogenannten Kammerwinkel. In dem befindet sich das Trabekelwerk, durch das als klare Körperflüssigkeit das Kammerwasser abfliesst.
Wenn der Kammerwasserabfluss gehemmt oder unterbrochen ist, führt das zu einem behandlungsbedürftigen Glaukom. Erste Therapieschritte sind Augentropfen beziehungsweise eine schonende Laserbehandlung. Hilft das nicht, führt letztlich kein Weg an einer Glaukom-OP vorbei. An dieser Stelle besteht die Wahl unter verschiedenen OP-Eingriffen.
Das neuste Verfahren ist die Kanaloplastik – im Bedarfsfall kann sie mit einer Operation des Grauen Stars kombiniert werden. Ziel der Kanaloplastik ist die Wiederherstellung des natürlichen Abflusssystems für das Kammerwasser und damit eine deutliche Absenkung des Augeninnendruckes.
Der Schlemmsche-Kanal – Abflussweg für das Kammerwasser
Das im Auge ringförmig verlaufende Sammelrohr als zentraler Abflussweg für Kammerwasser trägt die Bezeichnung Schlemm-Kanal – benannt nach dem deutschen Arzt und Anatom Friedrich Schlemm. Über eine Vielzahl von kleinen und kleinsten Abflusskanälchen ist der Schlemm-Kanal mit episkleralen Venen verbunden. Zwischen Schlemm-Kanal und vorderem Augenwinkel befindet sich das Trabekelmaschenwerk als engmaschigen Geflecht. Durch dessen Spalträume kann das Kammerwasser in den Schlemm-Kanal abfliessen.
An diesem Punkt kommt der Augeninnendruck ins Spiel!
Er reguliert sich durch das Verhältnis von Produktion zu Abfluss des Kammerwassers, geregelt durch das Trabekelmaschenwerk. Ist dieses natürliche, anders gesagt gesunde Gleichgewicht gestört, wird dadurch der Augeninnendruck erhöht. Die Folge davon ist das Krankheitsbild eines Glaukoms. Erhöhter Druck im Augeninnern kann ganz allgemein den Sehnervenkopf schädigen – im äussersten Fall mit der Folge einer Erblindung.
Jetzt kann auf eine Operation wie die Kanaloplastik nicht – mehr – verzichtet werden. Unterschieden wird in die beiden OP-Methoden filtrierende sowie konventionelle Kanaloplastik.
Der Operationsverlauf
In der Regel geht dem Entschluss zu einer Kanaloplastik eine länger andauernde medikamentöse Therapie voraus. Die bislang verwendeten Augentropfen sollten etwa drei Wochen vor dem OP-Termin abgesetzt werden. Im Übrigen hat der Augenarzt in dem persönlichen Vorgespräch ein besonderes Augenmerk auf den aktuellen Medikamentenplan des Patienten – in Bezug auf jegliche Medikamente.
Die Kanaloplastik selbst dauert als Operation unter Vollnarkose eine Dreiviertelstunde plus minus. Der Schlemm-Kanal wird als natürlicher Abflusskanal mit einem Gel aufgeweitet und nach der Aufweitung durch einen eingelegten Faden aus dem Material Prolene offengehalten. Dieser aufgespannte Faden dehnt den Schlemm-Kanal. Dadurch wird der Abflusswiderstand des Kammerwassers reduziert. Der Verzicht auf eine künstliche, also neu gelegte Ableitung des Kammerwassers nach aussen hin erleichtert den Heilprozess ganz wesentlich.
Prolene ist ein nicht selbstauflösendes monofiles Nahtmaterial aus dem Grundstoff Polypropylen. Dank einer speziellen Veredlungsmethode wird Prolene an der Oberfläche besonders glatt. Das sorgt für ein Höchstmass an Gleiteigenschaft des Fadens im Gewebe.
Die medizinische Nachsorge
Der für den Patienten entscheidende Vorteil einer Kanaloplastik ist der Verzicht auf den künstlichen Abfluss des Kammerwassers. Die vorhandenen natürlichen Abflusswege bleiben erhalten und werden genutzt. Möglich wird das durch schonendes Aufdehnen unter Zuhilfenahme eines Mikrokatheders.
Eine Garantie schwarz auf weiss für die erfolgreiche Kanaloplastik wird kein Operateur geben – wohl aber Erfahrungswerte, konkrete Ergebnisse sowie aktuelle Studien. Innerhalb eines Jahres nach der Kanaloplastik erfolgt eine Drucksenkung um gut ein Drittel – Tendenz hin zur Normalisierung. Auf drucksenkende Augentropfen kann oftmals ganz und in vielen Fällen weitgehend verzichtet werden.
Mögliche Komplikationen
- kleinere Einblutungen im Augeninnern verlieren sich meistens noch am Tag der Kanaloplastik, spätestens am Folgetag
- Im Einzelfall kann es vorkommen, dass sich der Mikrokatheter nicht ganz durch den Schlemm-Kanal schieben lässt
- Eine Nachoperation zeigt sich als notwendig, wenn mit der ersten Kanaloplastik der Augeninnendruck nicht so wie gewünscht oder wie medizinisch notwendig abgesenkt werden konnte
Für jede Kanaloplastik gilt eine temporäre, zu Beginn starke Eingeschränktheit der Sehfähigkeit. Grund dafür ist eine passagere Verkrümmung der Hornhaut, die sich von selbst zurückbildet.
Nachbehandlungen sind bei normalem Verlauf der drucksendenden Kanaloplastik ohne Komplikationen nicht notwendig – wohl aber mehrere Nachkontrollen in Absprache mit dem behandelnden Augenarzt, der die Kanaloplastik durchgeführt hat. Im Gegensatz dazu weist aber die Trabekulektomie verlängerte Verweilzeiten sowie vermehrt Wiederaufnahmen bei häufigeren Nachkontrollen auf. Obwohl eine Trabekulektomie im Durchschnitt schneller als eine Kanaloplastik durgeführt wird, ist der stationäre Aufenthalt nach einer Trabekulektomie deutlich länger.
Der Körper ist keine Maschine. Insofern kann der Zeitraum für den Heilprozess mitsamt Nachkontrollen zwei bis durchaus fünf oder sechs Wochen andauern. An dem operierten Auge zu reiben ist während der Heilphase ein No-Go. Gelegentliches Kratzen oder Fremdkörpergefühl im behandelten Auge sind in den ersten Wochen nach der Kanaloplastik normal und bessern sich von Tag zu Tag.
Fazit zur Glaukom-OP Kanaloplastik
Die Kanaloplastik gilt als eine der absolut sicheren und wirksamen nicht-penetrierenden Operationsmethoden der Glaukomchirurgie, um bei einem Glaukom den Augeninnendruck deutlich zu senken. Wird in diesem Erkrankungsstadium nichts unternommen, sind Augenschäden bis hin zur Erblindung nicht ausgeschlossen. Es ist empfohlen bei Symptomen eine Augenklinik sofort aufzusuchen.
Wegen ihrer überaus geringen Komplikationsrate ist eine Kanaloplastik für die meisten an Glaukom erkrankten Patienten empfehlenswert bis bestens geeignet.
Allerdings sollte mit einer Kanaloplastik nicht über Gebühr lange gewartet werden – denn
- bereits vorhandene Gesichtsausfälle lassen sich nicht rückgängig machen
- eine durch das Glaukom verminderte bis geschwächte Sehleistung kann nicht verbessert werden
Die Zeit lässt sich – auch mit Kanaloplastik – leider nicht zurückdrehen!
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