MEWDS: Multiples evanescent white dot Syndrom

MEWDS: Multiples evanescent white dot Syndrom

Kategorien: Syndrome & AugenerkrankungenVeröffentlicht am: 13. September 2019Von 5,4 min LesezeitAktualisiert: 6. Februar 2024

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Inhaltsverzeichnis

Untersuchung-des-MEWDS

Das Syndrom der multiplen flüchtigen weissen Flecken: was ist das genau?

Eine seltene Diagnose ist in der augenheilkundlichen Praxis das Syndrom der flüchtigen weissen Flecken oder das Multiple evanescent white dot syndrome. Augenärzte kürzen es mit MEWDS ab. 

Das Syndrom der flüchtigen weissen Flecken gehört zur Gruppe der sehr seltenen Augenkrankheiten, die meist plötzlich und ohne fassbare Ursache entsteht. Wissenschaftler vermuten einen Zusammenhang mit einem viralen Erreger, da bei 25 bis 50 Prozent der Patienten im Vorfeld grippeähnliche Beschwerden auffallen. 

In vielen Fällen betrifft die Erkrankung junge erwachsene Frauen. Typisch für das Syndrom sind Sehveränderungen auf einem Auge, wie die Wahrnehmung von Lichtblitzen oder Lichtpunkten in Kombination mit einem abgeschwächten Farbensehen und Gesichtsfeldausfällen. Selten berichten Patienten von beidseitigen Symptomen. 

Wie häufig kommt das Syndrom der flüchtigen weissen Flecken vor?

Das MEWDS ist eine sehr seltene Erkrankung in der augenärztlichen Praxis. Daher stehen in Deutschland keine verlässlichen Statistiken zur Verfügung. 

Studiendaten aus den USA legen nahe, dass von einer Million Einwohner circa zwei von einem Multiple Evanescent White Dot Syndrom betroffen sind. Bekannt ist, dass fünfmal mehr Frauen als Männer erkranken. Soweit bekannt, tritt die Augenerkrankung auf der ganzen Welt auf.

Ursachen des MEWDS

Wissenschaftler und Augenärzte konnten noch keine eindeutige Ursache für das Syndrom der flüchtigen weissen Flecken definieren. Da bis zur Hälfte der betroffenen Patienten im Vorfeld an grippeähnlichen Beschwerden wie Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen leidet, ist ein Virus ein möglicher Verursacher. 

Zusätzlich liegen einzelne Fallberichte vor, die von einem Auftreten des Syndroms nach einer Schutzimpfung berichten.

Symptome des Multiple Evanescent White Dot Syndromes

Die ersten Symptome der Augenerkrankung treten ganz plötzlich aus völliger Gesundheit heraus auf oder folgen in 25 bis 50 Prozent der Fälle grippeähnlichen Beschwerden. 

Patienten berichten von meist einseitigen Gesichtsfeldausfällen und Lichtblitzen oder Lichtpunkten mit Sehverschlechterung auf dem betroffenen Auge. Erkranken beide Augen gleichzeitig, sind die Wahrnehmungen in der Regel nicht symmetrisch.

Auffälligkeiten in der augenärztlichen Untersuchung

  • Sieht sich der Augenarzt den Augenhintergrund mit einer sogenannten Funduskopie an, findet er zahlreiche kleine weisse Flecken am hinteren Augenpol. Die Flecken können sehr diskret sein, sodass der Mediziner sorgfältig nach ihnen suchen muss.
  • Ausserdem auffällig ist eine körnige, orange-weisse Veränderung der Makula, des sogenannten gelben Flecks. Hier sieht das Auge im gesunden Zustand am schärfsten.
  • Im sogenannten Glaskörper schwimmen zusätzliche Zellen herum, die die Sicht des Patienten behindern können.
  • In die Netzhaut können neue venöse Blutgefäße einwachsen.
  • Bei einigen Patienten ist die Papille, die Austrittsstelle des Sehnervs, geschwollen.

Die Symptome halten in der Regel für Wochen bis Monate an und bessern sich von alleine wieder. Bei den meisten Betroffenen erholt sich die Sehkraft vollständig.

So diagnostiziert der Arzt das Syndrom

Geben Patienten beim Augenarzt die typischen Beschwerden für das MEWDS an, ist der erste diagnostische Schritt die Spiegelung des Augenhintergrundes (Fundoskopie). 

Fallen hier die typischen weissen Flecken, die körnige Veränderung des gelben Flecks, schwimmende Zellen im Glaskörper, neue Blutgefäße oder eine geschwollene Papille auf, kann der behandelnde Augenarzt weitere abklärende Untersuchungen empfehlen. So sichert er die Diagnose.

Folgende Untersuchungsmethoden kann der Augenspezialist zur Diagnostik für das Multiple Evanescent White Dot Syndrom nutzen:

Fluorescein Angiographie

Über einen venösen Zugang injiziert der Arzt einen sterilen Farbstoff (Fluorescein oder Indocyanin-Grün) in das Blut des Patienten. Nach wenigen Sekunden hat sich der Farbstoff verteilt und lässt sich auch in den Blutgefässen der Netzhaut im Auge sehen. 

Mit einer speziellen Kamera oder einem Laser-Scanner kann der Augenarzt die Farbstoffverteilung beurteilen. Ein typisches Muster kann auf das Syndrom der flüchtigen weissen Flecken hinweisen: in der Frühphase zeigt sich eine punktförmige Hyperfluoreszenz in einem kranzförmigen Muster und in der Spätphase eine Anfärbung dort, wo sich die weissen Flecken befinden.

Gesichtsfeldprüfung

Bei dieser Untersuchung kann ein vergrösserter blinder Fleck auf ein MEWDS hinweisen.

Autofluoreszenzaufnahmen

Eine spezielle Kamera kann die Leuchtkraft sich ansammelnder Stoffwechselabbauprodukte darstellen. Der Augenarzt erkennt das für das Syndrom typische Verteilungsmuster: Hyperautofluoreszenz zeigt sich in den Bereichen der weissen Flecken.

Diese Hyperautofluoreszenz ist in den Aufnahmen auch sogar dann vorhanden, wenn die Flecken bei der Augenspiegelung nicht sichtbar sind. Deswegen ist diese Untersuchung die sensitivste von allen Untersuchungsmethoden.

Optische Kohärenztomografie (OCT)

Diese Art der bildgebenden Diagnostik liefert dem Augenarzt ein detailliertes Bild des Netzhautquerschnitts, ohne den Patienten überhaupt zu berühren. Liegt ein MEWDS vor, kann der Untersucher typische Unterbrechungen der Verbindung der Sinneszellen in der Netzhaut erkennen: Unterbrüche in dem inneren und äusseren Segment der Photorezeptoren und milde Verdünnung der äusseren grenzenden Membran.

Multifokales Elektroretinogramm (ERG)

Ähnlich dem klinischen EEG des Gehirns kann der Augenarzt bei dieser Untersuchung elektrische Potenziale der Netzhaut (Retina) aufzeichnen. 

Typisch für das Multiple Evanescent White Dot Syndrom sind hier retinale Funktionsausfälle über den weissen Flecken und allgemein ein verändertes Wellenmuster in der gesamten Untersuchung des betroffenen Auges. Das nicht erkrankte Auge kann auch bestehende ohne Symptome diskrete Veränderungen im ERG bieten.

Welche Differenzialdiagnosen kommen infrage?

In der Augenheilkunde (Ophthalmology) existiert eine ganze Gruppe von Erkrankungen, die mit weissen Flecken am Augenhintergrund einhergehen. Zu den White Dot Syndromen gehören außer dem MEWDS:

– Akute posteriore multifokale plakoide Pigmentepitheliopathie
– Birdshot-Chorioretinopathie
– Punktförmige innere Chorioretinopathie
– Serpiginöse Chorioretinopathie
– Multifokale Choroiditis und Panuveitis
– Subretinale Fibrose und Uveitis

Kann das Syndrom behandelt werden?

Eine gezielte Therapie steht dem Augenarzt nicht zur Verfügung. Steroide haben in einzelnen Fällen eine raschere Besserung erbracht, können aber nicht als allgemeingültige Therapieempfehlung angesehen werden. 

In der Regel erholen sich die betroffenen Augen nach einigen Wochen bis Monaten ohne augenärztliche Behandlung.

Wie die Prognose des MEWDS aussieht

Augenspezialisten sprechen beim Multiple Evanescent White Dot Syndrom von einer selbstlimitierenden Erkrankung. Das bedeutet, dass sich nach durchschnittlich drei bis zehn Wochen sowohl das Gesichtsfeld als auch die Sehkraft der Patienten wieder erholt haben. 

Folgeschäden treten in der Regel nicht auf. Sehr selten kann es zu einer Narbenbildung auf der Netzhaut, einem Rückfall oder einem chronischen Verlauf kommen. Eine bleibende vergrösserte Papille ist in der Literatur ebenfalls beschrieben.

Quellen

  • Uwe Pleyer: Entzündliche Augenerkrankungen. Hrsg.: Prof. Dr. Uwe Pleyer. Springer-Verlag, Berlin-Heidelberg 2014, ISBN 978-3-642-38418-9, S. 436–437.
  • Jack J. Kanski, Brad Bowling: Klinische Ophthalmologie, Hrsg.: Elsevier GmbH, Urban und Fischer Verlag, 7. Auflage, ISBN 978-3-437-23473-6, S. 468-470.
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