Tests in der Orthoptik (Sehschule)

Tests in der Orthoptik (Sehschule)

Kategorien: AugeninformationenVeröffentlicht am: 22. Oktober 2023Von 16,6 min LesezeitAktualisiert: 23. Oktober 2023

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Inhaltsverzeichnis

tests in der orthoptik (sehschule)

Einleitung: Tests in der Orthoptik (Sehschule)

Die Orthoptik ist ein spezialisierter Bereich der Augenheilkunde, der sich insbesondere mit der Diagnose und Therapie von Sehstörungen, die das binokulare Sehen betreffen, auseinandersetzt. Dazu gehören beispielsweise Schielerkrankungen (Strabismus), unterschiedliche Sehstärken der Augen (Anisometropie), Auffälligkeiten bei der Sehschärfe, Fehlsichtigkeiten und Sehschwächen (Amblyopie) oder Probleme mit dem räumlichen Sehen. Um diese und andere Störungen genau zu identifizieren und adäquat behandeln zu können, stehen dem Orthoptisten eine Reihe von speziellen Untersuchungsmethoden und Tests zur Verfügung.

Diese Tests und Untersuchungen in der Sehschule sind nicht nur für die genaue Diagnosestellung von Erkrankungen essenziell, sondern auch für die Verlaufskontrolle während der Therapie. Sie reichen von einfachen Abdeckverfahren bis hin zu komplexen apparativen Untersuchungen und erfordern sowohl vom Untersucher als auch vom Patienten spezifische Fähigkeiten und oft auch Training. In der folgenden Übersicht werden die gängigsten Tests in der Orthoptik detailliert vorgestellt.

1. Cover-Test (Abdecktest) und Alternierender Cover-Test

Der Cover-Test ist ein grundlegender und häufig angewandter Test in der Orthoptik, um das Vorhandensein und das Ausmaß einer Schielstellung (Strabismus) zu identifizieren. Er ermöglicht es, zwischen einer manifesten (permanent sichtbaren) und einer latenten (versteckten) Schielstellung zu unterscheiden.

Cover-Test (Abdecktest)

Funktionsweise und Durchführung:

  • Der Patient wird vom Orthoptisten oder der Orthoptistin angewiesen, einen festen Punkt in der Ferne oder Nähe zu fixieren.
  • Der augenärztliche Untersucher deckt nun eines der Augen des Patienten ab und beobachtet das nicht-abgedeckte Auge.
  • Wenn das nicht-abgedeckte Auge eine Bewegung ausführt, um das Zielobjekt neu zu fixieren, weist dies auf eine manifeste Schielstellung hin.

Interpretation:

  • Eine Bewegung des nicht-abgedeckten Auges in Richtung Nase deutet auf einen Auswärtsschielfehler (Exotropie) hin.
  • Eine Bewegung weg von der Nase weist auf einen Einwärtsschielfehler (Esotropie) hin.

Alternierender Cover-Test:

Funktionsweise und Durchführung:

  • Wie beim einfachen Cover-Test fixiert der Patient einen Punkt.
  • Der Untersucher deckt nun rasch und wiederholt ein Auge nach dem anderen ab (alternierend).
  • Dieser Vorgang erlaubt es, latente Schielabweichungen aufzudecken, da das Auge, sobald es abgedeckt ist, nicht mehr fixiert und seine natürliche Schielposition einnehmen kann.

Interpretation:

  • Wenn beim Wechseln der Abdeckung von einem Auge zum anderen eine Augenbewegung erkennbar ist, liegt eine latente Schielstellung vor, die als Phorie bezeichnet wird. Je nach Richtung der Bewegung kann es sich um eine Exophorie oder eine Esophorie handeln.

Zusammenfassend ist der Cover-Test ein einfaches, aber effektives Instrument, um die Funktion beidäugigen Sehens und Schielstellungen, sowie ihre Art zu diagnostizieren. In Kombination mit anderen Tests kann so ein genaues Bild der Sehfunktion und möglicher visueller Störungen gewonnen werden.

2. Prismenfolge-Test (Prismen-Cover-Test)

Der Prismenfolge-Test, auch als Prismen-Neutralisationstest bekannt, ist eine Methode, um das Ausmass und die Richtung einer Schielstellung (Strabismus) quantitativ zu bestimmen. Durch das Vorhalten von Prismen vor einem Auge wird versucht, die Schielabweichung zu neutralisieren, d.h. beide Augen wieder in eine gerade Ausrichtung zu bringen.

Funktionsweise:

Prismen haben die Fähigkeit, Licht zu brechen, was zu einer scheinbaren Verschiebung des gesehenen Objekts führt. Diese Eigenschaft wird beim Prismenfolge-Test genutzt, um die Augenposition zu korrigieren und den Schielwinkel zu messen.

Durchführung:

  • Der Patient wird angewiesen, ein festes Zielobjekt zu fixieren, meist eine Leuchtpunktquelle oder ein kleines Ziel auf einer Untersuchungstafel.
  • Während der Patient fixiert, wird eine Prisma vor das schielende Auge gehalten, wobei die Basis (der dickere Teil der Prisma) in die Richtung der Schielabweichung zeigt. Bei einem Auge, das nach innen schielt (Esotropie), wäre die Basis der Prisma nach aussen gerichtet und umgekehrt.
  • Die Stärke der Prisma wird schrittweise erhöht oder verringert, bis keine Augenbewegung mehr feststellbar ist, wenn die Prisma vor das Auge gehalten oder weggenommen wird. Dieser Punkt zeigt an, dass die Schielabweichung durch die Prisma vollständig neutralisiert wurde.
  • Die Stärke der Prisma, die benötigt wird, um die Schielstellung zu neutralisieren, gibt den Schielwinkel in Prismendioptrien (PD) an.

Interpretation:

  • Das Ergebnis des Tests gibt den Schielwinkel in Prismendioptrien an und kann dazu verwendet werden, um den Fortschritt einer Therapie zu überwachen oder eine chirurgische Korrektur zu planen.
  • Zudem gibt der Test Auskunft über die Art des Schielens: Einwärtsschielen (Esotropie), Auswärtsschielen (Exotropie), Aufwärtsschielen (Hypertropie) oder Abwärtsschielen (Hypotropie).

Der Prismenfolge-Test ist eine essenzielle Untersuchung, da er eine präzise Quantifizierung der Schielabweichung ermöglicht.

3. Worth-Vier-Punkt-Test

Der Worth Vier-Punkt-Test ist eine Untersuchungsmethode in der Sehschule, die dazu dient, das binokulare Sehen zu beurteilen, insbesondere die Fähigkeit zur Fusion (Verschmelzung von Bildern beider Augen zu einem einzigen Bild) und das Vorhandensein von Suppression (Unterdrückung des Seheindrucks eines Auges).

Funktionsweise:

Der Test basiert auf der Verwendung von Farbfiltern und einer Lichtquelle, die drei grüne und ein rotes Licht (daher „vier Punkte“) projiziert.

Durchführung:

  • Der Patient trägt eine spezielle Brille, bei der ein Auge durch einen roten Filter und das andere Auge durch einen grünen Filter schaut.
  • Der Patient wird dann angewiesen, auf die Lichtquelle des Worth Vier-Punkt-Testers zu schauen, die drei grüne und ein rotes Licht ausstrahlt.
  • Abhängig von der binokularen Funktion und der Farbfilterbrille wird der Patient die Lichter in verschiedenen Kombinationen sehen.

Interpretation:

  • Vier Lichter: Dies zeigt an, dass der Patient beide Augen gleichzeitig nutzt (binokulares Sehen) und die Lichter korrekt fusioniert.
  • Zwei rote Lichter: Dies weist auf eine Suppression des mit dem grünen Filter betrachteten Auges hin.
  • Fünf Lichter (drei grün, zwei rot): Dies kann auf eine anomale Retina-Korrespondenz hindeuten, bei der die Netzhautbereiche beider Augen nicht korrekt zusammenarbeiten.
  • Drei grüne Lichter: Dies zeigt eine Suppression des mit dem roten Filter betrachteten Auges an.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Interpretation der Ergebnisse im Kontext anderer klinischer Befunde und Tests erfolgen sollte. Falsch-positive oder falsch-negative Ergebnisse können auftreten, insbesondere bei Patienten, die Schwierigkeiten mit der Untersuchung haben oder den Test nicht richtig verstehen.

Der Worth Vier-Punkt-Test ist nützlich, um das Vorhandensein und die Art von binokularen Sehstörungen zu bestimmen und ist oft ein Teil einer umfassenden Augenuntersuchung. Er bietet wertvolle Informationen über die Fähigkeit des Gehirns, Bilder von beiden Augen zu einem einzigen, zusammenhängenden Bild zu fusionieren.

4. TNO-Test

Der TNO-Test ist ein stereoskopischer Sehtest, der zur Messung des räumlichen (dreidimensionalen) Sehvermögens verwendet wird. Er nutzt das Prinzip der Farbanaglyphen, um die binokulare Fusion (Zusammenarbeit der Augen) und die Tiefenwahrnehmung zu überprüfen.

Funktionsweise:

  • Der Test besteht aus mehreren Bildpaaren, die in verschiedenen Farben gedruckt sind, meist Rot und Grün.
  • Der Patient trägt eine Brille mit roten und grünen Filtern.

Durchführung:

  • Der Patient schaut durch die Brille auf die Bilder. Durch die Farbfilter sieht jedes Auge nur eines der beiden Bilder eines Paares.
  • Wenn beide Bilder korrekt fusioniert werden, nimmt der Patient ein dreidimensionales Bild wahr.
  • Der Test enthält Bilder in verschiedenen Schwierigkeitsgraden, um das räumliche Sehvermögen genau zu messen.

Interpretation:

  • Ein Patient mit normalem binokularem Sehen und korrekter Tiefenwahrnehmung sollte in der Lage sein, die meisten oder alle der dreidimensionalen Bilder korrekt zu identifizieren.
  • Schwierigkeiten bei der Interpretation der Bilder können auf Probleme mit dem binokularen Sehen oder der Tiefenwahrnehmung hindeuten.

5. Titmus-Test (auch bekannt als „Fly Test“)

Der Titmus-Test ist ebenfalls ein stereoskopischer Sehtest zur Bewertung der Tiefenwahrnehmung und des binokularen Sehvermögens.

Funktionsweise:

  • Der Test besteht aus einer Reihe von Bildern, die mit einem speziellen Verfahren erstellt wurden, um einen stereoskopischen Effekt zu erzeugen.
  • Zu den bekanntesten Bildern gehört die Darstellung einer Fliege mit scheinbar „herausstehenden“ Flügeln.

Durchführung:

  • Der Patient schaut ohne spezielle Brille auf die Bilder.
  • Die Bilder sind so gestaltet, dass sie bei korrekter Fusion und Tiefenwahrnehmung als dreidimensional erscheinen.

Interpretation:

  • Die Fähigkeit des Patienten, die „herausstehenden“ Teile der Bilder wahrzunehmen, gibt Aufschluss über seine Tiefenwahrnehmung und das binokulare Sehvermögen.
  • Der Test kann in verschiedenen Schwierigkeitsgraden durchgeführt werden, um das räumliche Sehvermögen genauer zu messen.

Sowohl der TNO- als auch der Titmus-Test sind wichtige Werkzeuge zur Beurteilung des räumlichen Sehens und der Fähigkeit des Gehirns, Bilder von beiden Augen zu einem einzigen, zusammenhängenden Bild zu fusionieren.

6. Bagolini-Streifengläser-Test

Der Bagolini-Streifengläser-Test ist eine Untersuchungsmethode in der Sehschule, die dazu dient, die Qualität des binokularen Sehens und insbesondere die Art und Qualität der sensorischen Fusion bei Personen mit Schielerkrankungen zu beurteilen.

Funktionsweise:

Bei diesem Test werden dem Patienten spezielle Brillengläser aufgesetzt, die feine, durchsichtige Streifen besitzen. Diese Streifen sind so angeordnet, dass sie in einem bestimmten Winkel zueinander stehen, meistens in einem Winkel von 45 Grad. Wenn der Patient nun eine punktförmige Lichtquelle betrachtet, sieht er durch die Streifengläser nicht nur den Lichtpunkt, sondern auch zwei gekreuzte Lichtlinien, die von den Streifen erzeugt werden.

Durchführung und Interpretation:

  • Der Patient wird gebeten, die Lichtquelle zu fixieren und zu beschreiben, wie er die Lichtlinien in Bezug auf den Lichtpunkt wahrnimmt.
  • Bei normalem binokularem Sehen und korrekter Fusion sollten die beiden Lichtlinien sich genau am Lichtpunkt kreuzen.
  • Wenn es zu einer Schielabweichung kommt, kann dies die Position des Kreuzungspunktes beeinflussen. Der Ort, an dem sich die Linien kreuzen, gibt Aufschluss über die Art und das Ausmass der Schielabweichung.
  • Bei Personen mit unterdrücktem Sehen eines Auges (Suppression) könnte eine der beiden Lichtlinien fehlen.

Der Bagolini-Streifengläser-Test ist besonders nützlich, weil er dem Untersucher erlaubt, die sensorische Fusion in einer natürlichen Sehsituation und ohne Verwendung von störenden Farben oder Mustern zu beurteilen. Der Test gibt Aufschluss über die Fähigkeit des Gehirns, Bilder von beiden Augen korrekt zusammenzuführen, selbst wenn eine Schielabweichung vorliegt. Das Ergebnis dieses Tests kann bei der Entscheidung helfen, welche therapeutischen Schritte notwendig sind, um das binokulare Sehen zu verbessern oder wiederherzustellen.

7. Maddox-Stab-Test

Der Maddox-Stab Test, häufig einfach als Maddox-Test bezeichnet, ist eine Untersuchungsmethode in den Sehschulen und Augenheilkunde zur Ermittlung von Schielwinkeln, insbesondere von vertikalen (Hypertropie oder Hypotropie) und zyklischen (Torsion) Schielabweichungen. Er ist besonders nützlich für die Bestimmung kleiner Schielwinkel.

Funktionsweise:

  • Der Maddox-Stab besteht aus einer Reihe von zylindrischen Linsen, die in einer Linie angeordnet sind. Wenn ein Lichtstrahl durch den Stab eintritt, wird er in eine Linie (oft als „Maddox-Linie“ bezeichnet) verbreitet, statt in einen Punkt fokussiert.
  • Der Test verwendet auch oft eine rote Linse, sodass der Patient eine rote Linie sieht.

Durchführung:

  • Der Patient bedeckt ein Auge und schaut mit dem anderen Auge durch den Maddox-Stab auf eine weisse Lichtquelle in einem abgedunkelten Raum.
  • Durch den Maddox-Stab sieht der Patient nicht den Lichtpunkt, sondern eine Linie (z.B. eine rote Linie, wenn eine rote Linse verwendet wird).
  • Der Patient wird gefragt, wo er die Linie im Verhältnis zur Lichtquelle sieht.
  • Wenn der Patient die Linie direkt über, unter, rechts oder links von der Lichtquelle sieht, deutet dies auf eine vertikale oder horizontale Schielabweichung hin.
  • Für die Messung von Torsion wird der Patient gefragt, in welchem Winkel er die Linie zur Vertikalen oder Horizontalen sieht.

Interpretation:

  • Die Position und der Winkel der Maddox-Linie im Verhältnis zur Lichtquelle geben den Schielwinkel und die Torsion an.
  • Durch Verwendung von Prismen kann der Untersucher den genauen Schielwinkel in Prismendioptrien (PD) bestimmen, der benötigt wird, um die Maddox-Linie wieder in Übereinstimmung mit der Lichtquelle zu bringen.

Der Maddox-Stab Test ist ein einfaches, aber effektives Instrument zur Quantifizierung von Schielabweichungen. In Kombination mit anderen Tests kann ein genaues Bild der Augenstellung und möglicher Störungen gewonnen werden.

8. Krimsky Test in der Sehschule

Der Krimsky-Test, auch als Krimsky-Methode bekannt, ist ein orthoptischer Test zur Bestimmung von Schielwinkeln. Er ähnelt dem Cover-Test, verwendet jedoch Prismen, um den Lichtreflex auf der Hornhaut des schielenden Auges zu zentrieren, wodurch der Schielwinkel quantifiziert werden kann. Dieser Test ist besonders nützlich, wenn der Patient nicht kooperieren kann oder wenn eine direkte Fixation auf ein Ziel nicht möglich ist.

Funktionsweise:

Der Test basiert auf der Position des Hornhautreflexes – einem Lichtreflex, der sich normalerweise in der Mitte der Pupille befindet, wenn das Auge direkt auf eine Lichtquelle gerichtet ist. Bei schielenden Augen wird dieser Reflex dezentriert sein.

Durchführung:

  • Der Patient wird angewiesen, auf eine Lichtquelle oder ein kleines Objekt zu schauen.
  • Der Untersucher beobachtet die Position des Hornhautreflexes in beiden Augen. Bei einem geraden Blick sollte sich der Reflex in der Mitte der Pupille befinden.
  • Wenn eine Schielstellung vorliegt, wird der Reflex in einem der Augen nicht zentriert sein.
  • Der Untersucher hält dann eine Prisma vor das schielende Auge (oder das fixierende Auge, abhängig von der Präferenz des Untersuchers). Das Ziel ist es, den Hornhautreflex in die Mitte der Pupille zu verschieben.
  • Durch Erhöhen oder Verringern der Prismenstärke kann der Reflex zentriert werden. Die Stärke der Prisma, die benötigt wird, um den Reflex zu zentrieren, entspricht dem Schielwinkel und wird in Prismendioptrien (PD) angegeben.

Interpretation:

  • Die Stärke der Prisma, die benötigt wird, um den Hornhautreflex zu zentrieren, gibt den Schielwinkel an. Zum Beispiel, wenn eine 20-PD-Prisma benötigt wird, um den Reflex zu zentrieren, hat der Patient einen Schielwinkel von 20 PD.
  • Der Krimsky-Test kann sowohl für horizontale als auch für vertikale Schielabweichungen verwendet werden.

Obwohl der Krimsky-Test eine wertvolle Methode zur Schätzung des Schielwinkels ist, gilt der Prismenfolge-Test (Prismen-Cover-Test) oft als genauer, insbesondere bei kooperativen Patienten. Der Krimsky-Test ist jedoch besonders nützlich bei kleinen Kindern, nicht-kooperativen Patienten oder in Situationen, in denen der Cover-Test schwierig durchzuführen ist.

9. Doppelbildtest

Dieser Test beinhaltet die Anweisung an den Patienten, Doppelbilder und deren Orientierung zu beschreiben. Dies gibt Aufschluss über die betroffenen Muskeln des Sehorgans und die Richtung der Schielabweichung.

10. Fixations-Disparitäts-Test

Fixationsdisparität bezieht sich auf geringfügige Fehljustierungen der Augen, wenn sie versuchen, auf ein bestimmtes Objekt zu fixieren. Diese Fehlausrichtung ist in der Regel so klein, dass sie kein Doppelbildersehen verursacht, kann aber dennoch zu Beschwerden wie Asthenopie (Augenmüdigkeit), Kopfschmerzen und Lesebeschwerden führen. Der Fixations-Disparitätstest dient dazu, diese geringfügigen Fehlausrichtungen zu identifizieren und zu quantifizieren.

Durchführung des Tests:

  • Dem Patienten wird eine spezielle Testtafel gezeigt, die in der Regel aus einem zentralen Fixationspunkt und mehreren umgebenden Markierungen besteht. Ein häufig verwendetes Symbol ist das „Wirt-Kreuz“, welches ein zentrales Kreuz und umgebende Linien aufweist.
  • Der Patient wird aufgefordert, auf den zentralen Fixationspunkt zu schauen, während er durch prismatische Linsen oder ein anderes Gerät schaut, das geringfügige Fehlausrichtungen simulieren oder korrigieren kann.
  • Der Patient gibt Feedback darüber, wie die umgebenden Markierungen im Vergleich zum zentralen Fixationspunkt aussehen. Zum Beispiel kann der Patient angeben, ob die Linien des Wirt-Kreuzes unterbrochen erscheinen oder ob sie nicht genau aufeinandertreffen.

Interpretation:

  • Basierend auf dem Feedback des Patienten kann der Untersucher bestimmen, ob eine Fixationsdisparität vorliegt und wie stark diese ist.
  • Die Ergebnisse des Tests können dazu verwendet werden, um spezielle Korrekturen, wie prismatische Brillengläser, zu verschreiben, die dazu beitragen, die Fixationsdisparität zu minimieren und damit verbundene Beschwerden zu lindern.

Zusätzliche Hinweise:

  • Fixationsdisparität ist nicht dasselbe wie manifestes Schielen (Strabismus). Bei Strabismus gibt es eine deutliche Fehlausrichtung der Augen, die oft mit blossem Auge sichtbar ist. Bei Fixationsdisparität ist die Fehlausrichtung so gering, dass sie normalerweise nicht sichtbar ist und oft nicht von herkömmlichen Schieltests erfasst wird.
  • Die Korrektur von Fixationsdisparität kann insbesondere bei Patienten, die über anhaltende Augenbeschwerden klagen, ohne dass eine offensichtliche Ursache gefunden wird, von grosser Bedeutung sein.

Der Fixations-Disparitätstest ist ein wertvolles Werkzeug in der orthoptischen und optometrischen Diagnostik und kann helfen, verborgene Sehprobleme zu identifizieren und effektiv zu behandeln.

11. Unter- und Überfunktionstests der Augenmuskeln

Die Unter- und Überfunktionstests dienen zur Beurteilung der Funktion und Stärke der einzelnen Augenmuskeln. Bei diesen Tests geht es darum festzustellen, ob einer der Muskeln schwächer (Unterfunktion) oder stärker (Überfunktion) ist als normal. Das Vorhandensein einer Unter- oder Überfunktion kann zu Schielstellungen und Beschwerden wie Doppelbildern führen.

Durchführung des Tests:

  • Grundposition Testen: Der Patient wird aufgefordert, auf ein Objekt in der Ferne oder in der Nähe zu schauen, das sich direkt vor ihm befindet. Diese Position wird als Grund- oder Primärposition bezeichnet.
  • Bewegungen in verschiedene Richtungen Testen: Der Patient wird dann aufgefordert, seinen Blick in verschiedene Richtungen zu bewegen – nach oben, unten, rechts und links. Bei jedem dieser Blicke werden bestimmte Augenmuskeln aktiviert.
  • Vergleich von Bewegung und Position: Während der Patient seinen Blick bewegt, beobachtet der Untersucher dierubdie Augenbewegungen und vergleicht sie mit den Erwartungen für die normale Augenmuskelfunktion.

Interpretation:

  • Normale Funktion: Die Augen sollten in der Lage sein, synchron und gleichmässig in jede Richtung zu bewegen, ohne dass Doppelbildersehen entsteht oder das Auge „hängen bleibt“.
  • Unterfunktion (Hypofunktion): Wenn ein Augenmuskel nicht so stark ist, wie er sein sollte, kann das Auge nicht vollständig in die Richtung bewegt werden, in der dieser Muskel aktiv ist. Das führt zu einer eingeschränkten Bewegung in dieser Richtung. Ein Beispiel wäre eine Unterfunktion des rechten äusseren geraden Muskels, die dazu führt, dass das rechte Auge nicht vollständig nach rechts schauen kann.
  • Überfunktion (Hyperfunktion): Ein Muskel kann auch überaktiv oder stärker als normal sein. In diesem Fall könnte das Auge in die Richtung, in der dieser Muskel aktiv ist, überbewegt oder verzogen werden.

Weitere Betrachtungen:

  • Es ist wichtig zu beachten, dass die Überfunktion eines Augenmuskels oft mit der Unterfunktion des gegenüberliegenden Muskels im anderen Auge einhergeht.
  • Bei der Untersuchung auf Unter- oder Überfunktion können auch andere Tests wie der Cover-Test, der Krimsky-Test und der Prismenfolge-Test nützlich sein, um den Grad und die Art der Schielstellung zu bestimmen.

Zusammenfassend helfen die Unter- und Überfunktionstests den Augenärzten und Orthoptisten, die Funktionsfähigkeit der einzelnen Muskeln zu bewerten. Die Ergebnisse können dazu beitragen, die genaue Ursache für Schielstellungen oder Doppelbilder zu bestimmen und geeignete Therapiemassnahmen einzuleiten.

12. Aniseikonie-Test

Aniseikonie bezeichnet einen Zustand, bei dem die beiden Augen Bilder unterschiedlicher Größe wahrnehmen. Dies kann aufgrund unterschiedlicher Abbildungsgenauigkeiten oder wegen unterschiedlicher optischer Korrekturen (wie Brillen oder Kontaktlinsen) in den beiden Augen entstehen. Aniseikonie kann zu Doppelbildern, verschwommenem Sehen oder Unbehagen führen und das räumliche Sehen beeinträchtigen.

Es gibt verschiedene Methoden, um Aniseikonie zu testen:

Eikonometer

  • Das Eikonometer ist ein Gerät, mit dem die relative Grösse von Bildern, die von jedem Auge wahrgenommen werden, direkt verglichen werden kann.
  • Dabei wird dem Patienten ein Bild präsentiert, dessen Grösse er verändern kann, bis die wahrgenommene Grösse in beiden Augen gleich ist. Der Unterschied in der Grösseneinstellung gibt den Grad der Aniseikonie an.

Aniseikonia-Testtafeln

  • Dabei handelt es sich um Tafeln mit speziell gestalteten Bildern oder Mustern.
  • Der Patient schaut mit einem Auge auf ein Bild und vergleicht es mit einem anderen Bild, das er mit dem anderen Auge sieht. Durch diese vergleichende Analyse kann der Unterschied in der wahrgenommenen Bildgrösse ermittelt werden.

Aniseikonia-Testlinsen (z. B. New Aniseikonia Test, NAT)

  • Hierbei handelt es sich um eine Reihe von Testlinsen unterschiedlicher Vergrösserungen. Der Patient schaut durch diese Linsen, um festzustellen, welche Vergrösserung oder Verkleinerung nötig ist, um die wahrgenommenen Bilder in beiden Augen auszugleichen.
  • Diese Methode ist besonders hilfreich, um festzustellen, ob korrigierende Linsen notwendig sind und welche Stärke sie haben sollten.

Interpretation und Behandlung

  • Einmal festgestellt, kann Aniseikonie durch spezielle Brillengläser oder Kontaktlinsen behandelt werden, die die Bildgrösse korrigieren, so dass sie in beiden Augen gleich wahrgenommen wird.
  • Bei starken Fällen kann es notwendig sein, individuell angepasste Linsen zu verwenden, um die optimale Korrektur zu gewährleisten.
    Das Erkennen und Korrigieren von Aniseikonie ist wichtig, da dieser Zustand das Sehverhalten erheblich beeinträchtigen und zu anhaltendem Unbehagen führen kann. Der richtige Test und die anschliessende Behandlung können das Sehvermögen und den Sehkomfort erheblich verbessern.

Die detaillierte Auswertung dieser Tests ermöglicht es dem Augenarzt oder Orthoptisten, spezifische Sehstörungen zu identifizieren und geeignete Therapiemassnahmen zu empfehlen. Je früher solche augenärztlichen Erkrankungen festegestellt werden, desto schneller können geeignete Maßnahmen ergriffen werden. Sollten Ihnen also Auffälligkeiten, wie Sehschwäche, Kurzsichtigkeit, Schielen und Augenzittern auffallen, zögern Sie nicht einen Sehtest beim Augenarzt zu vereinbaren.

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