Angeborener Grauer Star (Angeborene Katarakt)

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Angeborener Grauer Star (Angeborene Katarakt)

Kategorien: SehproblemeVeröffentlicht am: 10. April 2019Von 9,9 min LesezeitAktualisiert: 9. August 2023
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Inhaltsverzeichnis

Angeborener-Grauer-Star

Angeborener Grauer Star: Wenn Ihr Kind mit einer getrübten Linse das Licht der Welt erblickt

Eigentlich handelt es sich bei dem Grauen Star, auch Katarakt genannt, um eine Augenkrankheit, die vermehrt im Alter auftritt. Jedoch gibt es auch jene angeborene bzw. kongenitale Katarakt, die sich bei dem ungeborenen Kind bereits während der Schwangerschaft entwickelt hat.

Bei einem von 2000 Neugeborenen weltweit wird ein grauer Star festgestellt. Diese Zahl gilt auch für die Schweiz.

Wie es dazu kommt und welche Möglichkeiten der nachhaltigen Behandlung es gibt, erfahren Sie neben anderen essentiellen Informationen in diesem Beitrag.

Was verbirgt sich eigentlich genau hinter der Augenkrankheit?

Von einer kongenitaler Katarakt (Cataracta congenita) im Auge spricht man, wenn sich bereits bei einem Neugeborenen eine Trübung der Augenlinse feststellen lässt. Der Begriff „Grauer Star“ ist auf die graue Verfärbung hinter der Pupille zurückzuführen, die in einem fortgeschrittenen Stadium der Krankheit deutlich erkennbar ist.

In der Augenheilkunde wird zwischen zwei Formen der Augenerkrankung unterschieden: dem angeborenen vererbbaren sowie dem angeborenen nicht vererbbaren Grauen Star.

  • Die nicht kongenitale Form wird auf eine Virusinfektion der Mutter während der ersten drei Monate der Schwangerschaft zurückgeführt. Beispiele sind eine Erkrankung an Mumps, Röteln, Toxoplasmose oder Hepatitis.
  • Für die Entstehung einer angeborenen, kongenitalen Katarakt wird in erster Linie eine genetische Fehlbildung verantwortlich gemacht. Auch ein vererbbarer Enzymdefekt kann indirekt durch die Entwicklung einer Stoffwechselstörung eine Linsentrübung verursachen. Gleichermassen genetisch bedingt sind sogenannte Chromosomenabweichungen, darunter das Down-Syndrom, das Pätau-Syndrom, auch Trisomie 13 genannt, sowie die genetische Erkrankung Trisomie 15.

Hinweis: An dieser Stelle ist zu betonen, dass Linsentrübungen bei Neugeborenen nicht unbedingt einen ernsten Verlauf nehmen müssen. Vielmehr handelt es sich bei den Trübungen der Linse um ein verbreitetes und oftmals harmloses Phänomen. 

Zu den sogenannten diskreten Trübungen, die in der Regel keine Gefahr für die Sehkraft Ihres Kindes darstellen, zählt beispielsweise die sogenannte Nahtkatarakt, für die eine zentrale Trübung in Form eines Mercedes-Sterns bezeichnend ist.

Eine Unterscheidung zwischen potentiell gefährlichen und harmlosen Linsentrübungen bei Neugeborenen kann nur der Augenarzt treffen. Entsprechend wichtig ist eine sorgfältige Untersuchung der Augen Ihres Kindes unmittelbar nach der Geburt.

Ursachenfindung als Herausforderung

In der Regel führt die Bestimmung der genauen Ursache einer Krankheit zu der Auswahl einer gezielten Behandlungsmethode der Augen. Dabei geht es in erster Linie darum, den auslösenden Faktoren entgegenzuwirken und auf diese Weise nicht nur die Symptomatik am Auge zu lindern, sondern auch die Krankheit an sich zu heilen.

Bei dem angeborenen, grauen Star erweist sich dieser Vorgang als recht schwieriges Unterfangen. Da die Krankheit ihren zeitlichen Ursprung im Mutterleib hat, lassen sich die genauen Verursacher für die Beeinträchtigung der Augenlinse oder der Linsenkapsel nur schwer bestimmen. 

Experten gehen jedoch davon aus, dass es sich bei etwa einem Drittel der Fälle um ein isoliert auftretendes, vererbbares Phänomen handelt, das losgelöst von anderen Krankheiten ausbricht. 

Bei einem weiteren Drittel tritt diese Augenerkrankung in Verbindung mit einem Syndrom auf, während das letzte Drittel die Gruppe der Patienten beschreibt, bei denen die Ursache unbekannt bleibt.

Auf den Punkt gebracht lässt sich die Ursache für eine im Mutterleib erworbene Katarakt nur selten genau bestimmen. 

Als mögliche Gründe für die Krankheit kommen unter anderem Infektionserkrankungen während der Schwangerschaft sowie eine Vererbung durch einen Elternteil infrage. Letzteres wird sehr wahrscheinlich, wenn es auf beiden Seiten auftritt.

Beispiele für häufige Auslöser sind: Infektion mit Röteln, Galaktosämie, Down-Syndrom, Spontane Mutation, isolierter Gendefekt, Herpes-Infektion, Toxoplasmose, Skelettsyndrome u.v. m..

Exkurs: angeborener Grauer Star und Gendefekte

Gendefekte gehen auf eine Genmutation zurück, die wiederum die Veränderung von Erbgut in nur einem Gen beschreibt. Führt diese Veränderung zu ernsten Schäden des Organismus, so handelt es sich um einen sogenannten Gendefekt.

In Bezug auf die im Mutterleib erworbene Katarakt wurden bereits auf 115 unterschiedlichen Genen befindliche Mutationen als potentielle Auslöser für diese Krankheit benannt. 

In einem Grossteil der Fälle werden diese Gendefekte dominant vererbt. Das bedeutet, dass eine 50-prozentige Wahrscheinlichkeit besteht, dass ein Elternteil, den eigenen Gen-Defekt an die Kinder weitergibt.

In Bezug auf die Ursachenfindung zeichnen sich neue Entwicklungen am Horizont ab. Allen voran ist hier der sogenannte Genom-Test zu nennen. 

Dabei handelt es sich um einen relativ neuen Labortest, der durch das parallele Sequenzieren von über hundert Genen in relativ kurzer Zeit jene 115 Gene zu entschlüsseln vermag, die nachweislich bei dem Auftreten einer Katarakt eine Rolle spielen können.

Zielgruppe dieses Tests sind in erster Linie Kinder mit einer beidseitigen von Geburt an vorhandenen Katarakt, die auf eine genetische Ursache schliessen lässt.

Symptome: Mögliche Anzeichen, die auf eine angeborene Katarakt verweisen

Dass ein kongenitaler Katarakt oftmals unbemerkt bleibt, wurde bereits erwähnt. Jedoch können Sie als Elternteil neben einer frühzeitigen Kontrolle durch Augenärzte auch auf andere Weise an einer rechtzeitigen Erkennung der Augenkrankheit mitwirken.

Reagiert Ihr Kind beispielsweise nur verzögert oder gar nicht auf Licht oder hat es Schwierigkeiten, Gesichter oder Objekte wie Spielzeug zu erkennen, so kann dies auf eine Katarakt oder ein Problem mit der Augenlinse und Netzhaut hindeuten. 

Strabismus (Schielen), Lichtempfindlichkeit (Photophobie) bei sehr hellem Licht sowie eine grundsätzliche Entwicklungsstörung sind weitere Anhaltspunkte.

Ausgeprägtere Formen einer kindlichen Katarakt können unter anderem zu einem sensorischen Nystagmus (Augenzittern) führen.

Klinische Zeichen

Die im Rahmen einer kindlichen im Mutterleib erworbene Katarakt auftretenden Linsen-Trübungen können sich in unterschiedlicher Stärke an verschiedenen Teilen der Linse, sprich an der Vorder- und Hinterseite sowie zentral direkt im Linsenkern bemerkbar machen. 

Darüber hinaus können sie entweder nur ein Auge oder aber beide Augen betreffen. Die durch die Krankheit verursachte milchige Linse führt zu einer getrübten Sicht mit diesem Auge.

Im Rahmen der Diagnosefindung wird versucht, den Zeitpunkt der im Uterus stattfindenden Schädigung zu bestimmen. Ausschlaggebend ist dabei die Schicht der Linse, die in Mitleidenschaft gezogen wurde. Konkret lassen sich daraus die folgenden Rückschlüsse ziehen:

  • Trübung des Embryonalkerns der Augenlinse: Die Schädigung fand zwischen dem 1. und 3. Schwangerschaftsmonat (Embryonalphase) beispielsweise durch eine Viruserkrankung der Mutter statt.
  • Kugelförmige Trübungen einer einzelnen Linsenschicht in der Linsenkapsel: Die Katarakt wurde durch ein ab dem 4. Schwangerschaftsmonat auftretendes Ereignis ausgelöst (Fetalphase). Die Trübungen können sich hier auf die gesamte Linse ausbreiten und in unterschiedlichen Strukturen wie pulverförmigen, soliden oder granulären Flecken äussern.
  • Ringförmige (zonulare) Trübungen der Rinde: Diese Art der Trübung entwickelt sich in der Regel erst nach der Geburt und ist mit weniger Risiken verbunden.

Da Babys ihre Beschwerden verständlicherweise noch nicht artikulieren können, ist eine Augenuntersuchung der Linse und Netzhaut bei der Geburt zwingend erforderlich. 

Wird die Krankheit nicht erkannt und entsprechend auch nicht behandelt, so kann es zu bleibenden Schäden des Sehvermögens und der Sehschärfe, allen voran einer sogenannten Amblyopie (Schwachsichtigkeit) kommen.

Die Diagnosestellung: von der Anamnese bis hin zu fortschrittlichen Labortests

Bei der Einordnung der vorliegenden Beschwerden greifen Augenärzte auf bewährte Methoden zurück. Im Zentrum steht dabei eine gründliche Untersuchung beider Augen mit der Spaltlampe sowie die Überprüfung des Augeninnendrucks. 

Führen diese Massnahmen noch nicht zu einem eindeutigen Ergebnis, so erweist sich eine Ultraschalluntersuchung des hinteren Pols als sinnvoll.

Gerade bei Verdacht auf eine im Mutterleib erworbene Katarakt kann ein Blick in die Familiengeschichte Aufschluss bieten. Liegt ein eindeutiges autosomal-dominantes Muster vor, so ist dies für die Bestimmung des Krankheitsbildes ausreichend.

Lassen sich aus der Familienanamnese keine klaren Schlüsse ziehen, so sind umfangreichere Labortests erforderlich. Diese umfassen unter anderem:

  • Urintest
  • Test zur Untersuchung des Serum-Calcium-Spiegels
  • Test zur Untersuchung des Phosphorspiegels
  • VDRL-Test, bei dem das Vorhandensein des Syphilis-Erregers Treponema pallidum geprüft wird
  • TORCH Titer Bluttests, die speziell für die Untersuchung von Neugeborenen und Schwangeren auf typische Infektionskrankheiten hin entwickelt wurden

Im Rahmen einer Differentialdiagnose erfolgt zudem die Abgrenzung zu anderen möglichen Krankheitsbildern mit ähnlicher Symptomatik, darunter Glaskörperblutungen und Netzhauttumore.

Wirkungsvolle Therapie: der operative Eingriff

Um ernste Folgeschäden wie die erwähnte Amblyopie zu verhindern, bleibt nur die Operation. Bei der Wahl der Methode ist das Alter des Kindes ausschlaggebend.

  • Vor dem ersten Lebensjahr wird beim Eingriff die Linse abgesaugt und durch eine Kontaktlinse ersetzt.
  • Ab dem 1. Lebensjahr erfolgt der Einsatz einer künstlichen Linse. Beim Eingriff wird die Kunstlinse in das Auge eingesetzt. Im Einzelfall kann auch eine sogenannte Multifokallinse verwendet werden, die die Nah- und Fernsicht verbessert.

Die Nachsorge umfasst eine Versorgung mit Brille oder Kontaktlinsen mit dem Ziel einer bestmöglichen Sehleistung im Zusammenspiel mit der Kunstlinse.

Mögliche OP-Komplikationen

Abgesehen von der Schwierigkeit der Ursachen- und Diagnosefindung erweist sich eine Katarakt von Geburt an auch mit Blick auf die zahlreichen Komplikationen, die während und im Anschluss an einen Eingriff oder eine Operation auftreten können, nach wie vor als grosse Herausforderung für die Medizin.

Im Folgenden sollen zur Verdeutlichung nur einige Beispiele genannt werden:

  • Nachstarbildung: Bei einem Nachstar handelt es sich um die am häufigsten auftretende Komplikation einer Kataraktoperation. Dabei kommt es zu der Eintrübung eines Häutchens im hinteren Bereich der künstlichen Linse. Ein erstes charakteristisches Anzeichen ist ein langsames, aber stetes Nachlassen der Sehkraft. Im schlimmsten Fall nimmt die Sehbehinderung der Linse ähnliche Ausmasse wie vor der Operation an. Abhilfe verspricht hier ein ambulant durchgeführter Lasereingriff. Dieser dient dem Ziel, das Häutchen mit einer Lücke zu versehen und auf diese Weise wieder für klare Sichtverhältnisse zu sorgen.
  • Sekundärglaukom: Das Sekundärglaukom gilt als die direkte Folge anderer Erkrankungen wie beispielsweise einer intraokularen Entzündung, die je nach Grunderkrankung unterschiedliche Symptome aufweisen kann. Die Therapie erweist sich als schwierig und wird individuell von Ihrem Ophtalmologen bestimmt.
  • Postoperative Uveitis: Die Uveitis bezeichnet eine Entzündung der mittleren Augenhaut, die sich aus der Regenbogenhaut, dem Strahlenkörper und der Aderhaut zusammensetzt. In seltenen Fällen kann auch der Glaskörper betroffen sein. Das Behandlungsspektrum reicht von topischen Steroiden wie Kortison über die Laserbehandlung bis hin zur Vitrektomie.
  • Endophthalmitis: Bei der Endophthalmitis handelt es sich um eine intravitreale Infektionskrankheit (Infektion des Augeninneren), die durch Bakterien wie Staphylococcus aureus, Staphylococcus viridans etc. ausgelöst wird. Bleibt eine umgehende gezielte Behandlung aus, so droht der vollkommene Verlust des Sehvermögens.
  • Netzhautablösung: Für Kinder, die eine Kataraktoperation hinter sich haben, besteht grundsätzlich ein erhöhtes lebenslanges Risiko einer Netzhautablösung. Regelmässige augenärztliche Check-ups bieten hier die Möglichkeit zur Früherkennung und damit zur Schadensbegrenzung.

Die Prognose

Bei einer frühzeitigen Erkennung und Behandlung sind die Aussichten für den Erhalt der Sehkraft sehr gut. Leidet das Kind jedoch bereits bei der Operation unter Schwachsichtigkeit, so ist eine nachhaltige Minderung des Sehvermögens selbst nach einem erfolgreichen Eingriff keine Seltenheit.

In puncto Kataraktchirurgie zeigen sich Experten aufgrund der kontinuierlichen Verbesserungen optimistisch. 

Kurz: Neben einer Optimierung der mikrochirurgischen Verfahren und einer umfassenderen Nachsorge ist eine höhere Qualität der Kunstlinsen heute für die in der Regel sehr guten Heilungschancen für die Krankheit im Anschluss an eine Operation verantwortlich.

Vorsicht ist bekanntermassen besser als Nachsicht: ein Fazit

Verbessern lässt sich diese Prognose natürlich noch, wenn Sie als frischgebackene Eltern der Augengesundheit Ihres Kindes die grösstmögliche Aufmerksamkeit schenken.

In der Praxis bedeutet dies eine gründliche Erstuntersuchung gefolgt von regelmässigen augenärztlichen Kontrolluntersuchungen.

Kommt es zu Veränderungen im Sehverhalten Ihres Kindes oder zu Symptomen, die auf eine Störung, Entzündung oder andere Beschwerden hinweisen, so sollten Sie diese unbedingt von einem Ophtalmologen abklären lassen.

Unser Augenarzt in Zürich Opfikon übernimmt sehr gerne die Abklärungen.

Quellen

  • Nika Bagheri, Brynn N. Wajda: The Wills Eye Manual, 7th edition, Seite 185-187.
  • Timothy L Jackson: Moorfields Manual of Ophthalmology, third edition, Seite 629-631.
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