Augen und Marfan-Syndrom

Augen und Marfan-Syndrom

Kategorien: Syndrome & AugenerkrankungenVeröffentlicht am: 8. Oktober 2023Von 5,4 min LesezeitAktualisiert: 9. Oktober 2023

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Inhaltsverzeichnis

augen und marfan syndrom

Marfan-Syndrom

Das Marfan Syndrom ist eine seltene erbliche bzw. genetisch bedingte Bindegewebsstörung, die unterschiedliche Organsysteme des Körpers betreffen kann. Diese Störung wird durch Mutationen und Fehlbildungen im FBN1-Gen verursacht, welches für das Protein Fibrillin-1 zuständig ist – ein essentieller Bestandteil unseres Bindegewebes. Ähnlich ist das Ehlers-Danlos-Syndrom (EDS). Bei dieser Erkrankung sind im Wesentlichen die Haut, Knochen und Gelenke, sowie Wirbelsäule betroffen.
Die Häufigkeit des Marfan Syndroms liegt zwischen 1:3000 und 1:10000. 

Ursachen und Genetik

Das zugrunde liegende Problem beim Marfan-Syndrom ist eine Mutation im FBN1-Gen. Dieses Gen, lokalisiert auf Chromosom 15, ist verantwortlich für die Kodierung von Fibrillin-1. Fibrillin-1 ist ein zentrales Protein, das für die Struktur und Funktion des Bindegewebes im gesamten Körper von entscheidender Bedeutung ist. Das Marfan-Syndrom wird autosomal-dominant vererbt. Das bedeutet, dass ein betroffenes Elternteil eine 50%ige Chance hat, die Krankheit an seine Kinder weiterzugeben, unabhängig von deren Geschlecht. Es ist möglich dass die Erkrankung vererbt werden oder als Neumutation auftreten, ohne dass es in der Familie zuvor aufgetreten ist. Ob man selber diese Erkrankung vererben kann, lässt isch mithilfe von Gentest feststellen.

Klinische Merkmale und Symptome des Marfan-Syndroms

Patienten mit dem Marfan-Syndrom zeigen je nach Ausprägung eine Vielzahl von Symptomen:

  • Skelettsystem: Betroffene haben oft eine überdurchschnittliche Körpergrösse, lange Arme, Beine und Finger, ein schmales Gesicht und einen hohen Gaumen. Weitere auffällige Skelettmerkmale können ein zurückgetretenes oder hervorstehendes Brustbein und eine übermässige Beweglichkeit der Gelenke sein.
  • Augen: Ein signifikantes Symptom ist die Linsenluxation. Hierbei ist die Linse des Auges aus ihrer normalen Position verschoben, was zu erheblichen Sehproblemen führen kann. Auch Kurzsichtigkeit und Weitsichtigkeit sind bei Marfan-Patienten häufiger zu beobachten.
  • Herz und Blutgefässe: Das HErz-Kreislauf-System und Gefässkomplikationen sind besonders besorgniserregend. Die Wand der Aorta kann sich erweitern oder ausbilden, was als Aortenaneurysma bekannt ist. Wenn nicht erkannt oder unbehandelt, besteht die Gefahr, dass die Aorta reisst, was lebensbedrohlich ist.
  • Lunge: Ein Pneumothorax, bei dem sich die Lunge plötzlich zusammenzieht, kann bei Marfan-Patienten auftreten, obwohl dies weniger häufig ist als andere Symptome.

Augensymptome beim Marfan Syndrom

Die Bindegewebserkrankung Marfan-Syndrom kann eine Reihe von Augensymptomen und -komplikationen hervorrufen, da das Auge eines der am stärksten betroffenen Organe ist:

  • Linsenluxation: Ein charakteristisches Merkmal des Marfan Syndroms ist die Luxation oder Subluxation der Augenlinse. Bei Personen mit Marfan Syndrom verlagert sich die Linse typischerweise in eine superotemporale (obere und seitliche) Richtung. Dennoch ist auch eine Verlagerung in andere Richtungen möglich. Diese Verlagerung kann zu Sehstörungen wie verschwommenem Sehen oder Doppelbildern führen.
  • Myopie (Kurzsichtigkeit): Es ist nicht ungewöhnlich, dass Menschen mit Marfan-Syndrom eine ausgeprägte Kurzsichtigkeit entwickeln. Bei ihnen sind ferne Objekte unscharf, während nahe Objekte klar erscheinen.
  • Netzhautablösung: Das erhöhte Risiko für strukturelle Augenveränderungen beim Marfan-Syndrom kann auch zu einer Netzhautablösung führen. Dieser Zustand, bei dem sich die Netzhaut vom Augenhintergrund löst, ist ein augenmedizinischer Notfall. Ohne schnelle Behandlung kann dies zu dauerhaftem Sehverlust führen. Zu den Warnzeichen gehören das Sehen von „schwebenden“ Punkten, Lichtblitzen oder einem Schatten im Sichtfeld.
  • Glaukom: Einige Personen mit Marfan-Syndrom könnten auch an Glaukom erkranken, bei dem ein erhöhter Augeninnendruck zu Schäden am Sehnerv führt, was zu einem fortschreitenden Sehverlust führen kann.
  • Katarakt: Menschen mit Marfan-Syndrom könnten früher im Leben Katarakte entwickeln, bei denen die Linse des Auges getrübt wird, was das Sehvermögen beeinträchtigt.
  • Strukturelle Veränderungen: Neben den bereits erwähnten Problemen können auch andere strukturelle Veränderungen auftreten, wie beispielsweise eine atypische Krümmung der Hornhaut (Astigmatismus) oder eine Keratokonus-Erkrankung, bei der sich die Hornhaut verdünnt und vorwölbt.

Angesichts der potenziellen Augenprobleme, die mit dem Marfan-Syndrom einhergehen, ist es von grösster Wichtigkeit, regelmässige augenärztliche Untersuchungen durchzuführen. Dies sichert die frühzeitige Erkennung und geeignete Behandlung möglicher Augenkomplikationen.

Diagnose des Marfan-Syndroms

Das Marfan-Syndrom wird anhand einer Kombination aus körperlichen Symptomen, einer Familienanamnese und genetischen Tests diagnostiziert. Eine sorgfältige körperliche Untersuchung, insbesondere ein Echokardiogramm des Herzens und Augenuntersuchungen, sind von entscheidender Bedeutung. Genetische Tests können die Diagnose bestätigen, sind aber nicht immer notwendig, wenn die klinischen Symptome und die Familienanamnese eindeutig sind.

Behandlung des Marfan-Syndroms

Eine Heilung des Marfan-Syndroms gibt es bisher nicht. Die Behandlung konzentriert sich darauf, Symptome zu lindern und das Risiko schwerwiegender Komplikationen zu minimieren. Ein multidisziplinärer Ansatz ist oft erforderlich. Blutdrucksenkende Medikamente können helfen, das Risiko für Aortenkomplikationen zu reduzieren. Bei einigen Patienten kann es notwendig sein, beschädigte Teile der Aorta chirurgisch zu ersetzen.

Prognose

Die Lebenserwartung von Menschen mit Marfan-Syndrom hat sich in den letzten Jahrzehnten dank besserer medizinischer Betreuung und frühzeitiger Diagnose erheblich verbessert. Mit regelmässigen Kontrolluntersuchungen und angepasster Therapie können viele Betroffene ein nahezu normales Leben führen.

Zusammenfassung

Das Marfan-Syndrom ist eine genetische Erkrankung, die das Bindegewebe beeinflusst und dadurch zahlreiche Organe und Systeme im menschlichen Körper betreffen kann. Die Ursache liegt in einer Mutation im FBN1-Gen, welches für das Protein Fibrillin-1 verantwortlich ist, einem essentiellen Bestandteil des Bindegewebes.

Ein charakteristisches Merkmal des Marfan-Syndroms ist die Betroffenheit des Skelettsystems. Viele Betroffene haben eine überdurchschnittliche Körpergrösse, lange Arme, Beine und Finger, sowie andere besondere Skelettmerkmale.

Besonders besorgniserregend sind Herz- und Gefässkomplikationen. Die Wand der Hauptschlagader (Aorta) kann sich erweitern, was als Aortenaneurysma bezeichnet wird und das Risiko eines Risses birgt, der lebensbedrohlich ist.

Die Augen sind ein weiteres häufig betroffenes Organ. Betroffene können eine Reihe von Symptomen entwickeln, darunter die superotemporale Luxation der Augenlinse, eine erhöhte Kurzsichtigkeit, Netzhautablösung, Glaukom und Katarakte. Diese Symptome können zu erheblichen Sehproblemen führen und bedürfen einer sorgfältigen Überwachung und Behandlung.

Angesichts der Komplexität und Vielseitigkeit der Symptome erfordert das Marfan-Syndrom einen multidisziplinären Behandlungsansatz. Es ist entscheidend, dass Betroffene regelmässig medizinisch überwacht werden, um mögliche Komplikationen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.

Wenn Sie oder jemand, den Sie kennen, Fragen zum Marfan-Syndrom, insbesondere zu den Augensymptomen, haben, stehen die Augenärzte im Lux Augenzentrum gerne zur Verfügung, um Unterstützung und Beratung zu bieten.

Trotz der Herausforderungen, die das Marfan-Syndrom mit sich bringt, ermöglichen eine frühzeitige Diagnose, moderne Therapieansätze und eine sorgfältige Überwachung vielen Betroffenen ein Leben mit besserer Lebensqualität und erhöhter Lebenserwartung.

 

Quellen

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