Frühgeborenen-Retinopathie

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Frühgeborenen-Retinopathie

Kategorien: NetzhautproblemeVeröffentlicht am: 4. Februar 2019Von 9,5 min LesezeitAktualisiert: 7. Januar 2024
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Inhaltsverzeichnis

Fruehgeborenes-Kind

Was ist Frühgeborenen-Retinopathie?

Die Frühgeborenen-Retinopathie (FRP) oder auch Retinopathia Praematurorum genannt, ist eine schwerwiegende Augenerkrankung, die bei Neugeborenen, welche vor Geburtstermin geboren wurden, auftritt und die Netzhautgefäße des Auges betrifft. Diese Krankheit ist von grosser Bedeutung, da sie zu erheblichen Sehproblemen oder sogar zur Netzhautablösung und somit zur Erblindung führen kann, wenn sie nicht frühzeitig erkannt und behandelt wird. Die FRP ist durch abnormales Wachstum von Blutgefässen in der Netzhaut gekennzeichnet, insbesondere bei sehr unreifen Frühgeborenen.

Definition

Die Frühgeborenen-Retinopathie (Retinopathia praematurorum) ist eine Augenerkrankung, bei der die unreife Entwicklung der Blutgefäße in der Netzhaut zu abnormalem Gefässwachstum führt. Die Netzhaut ist das lichtempfindliche Gewebe im Inneren des Auges, das für das Sehen verantwortlich ist. Bei Frühgeborenen kann die unzureichende Entwicklung der Netzhautgefässe dazu führen, dass diese abnorm wachsen und aufgrund von einem Mangel an Sauerstoff im Auge Gefässlecks, Blutungen und Narbenbildung verursachen. Hauptsymptome der Krankheit sind krankhafte Sehstörungen sowie Einblutungen im Glaskörper des kindlichen Auges.
Im englischen heisst diese Krankheit retinopathy of prematurity 

Ursachen und Risiokfaktoren Frühgeborenen-Retinopathie 

  • Unreife Netzhautgefässe: Unvollständige Entwicklung der Blutgefässe in der Netzhaut.
  • Frühzeitige Geburt: Geburt vor der vollen Gestationsdauer, insbesondere bei weniger als 30 Wochen Schwangerschaft.
  • Niedriges Geburtsgewicht: Geburtsgewicht unter 1.500 Gramm, insbesondere extremes niedriges Geburtsgewicht.
  • Sauerstofftherapie: Zu viel Sauerstoffgehalt im Blut oder zu lange Sauerstoffsättigung kann das Risiko erhöhen.
  • Atemunterstützung (Beatmung): Verwendung von Atemgeräten wie Beatmungsgeräten.
  • Ernährung: Unzureichende Ernährung und Mangel an Nährstoffen.
  • Genetische Faktoren: Familiengeschichte von Augenerkrankungen kann eine Rolle spielen.
  • Mehrlingsgeburten: Bei Mehrlingsgeburten kann das Risiko erhöht sein.

Die Entwicklung der Netzhautgefäße beginnt normalerweise ab der 16. Schwangerschaftswoche und dauert bis hin zum Geburtstermin an. Die genaue Entstehung von ROP ist komplex und resultiert aus einer Kombination dieser Faktoren. Frühzeitige Diagnose und angemessene Betreuung sind entscheidend, um das Risiko und die Auswirkungen von ROP zu minimieren. Vermehrt tritt eine diese Krankheit bei Säuglingen auf, die vor der 32. Schwangerschaftswoche geboren werden sind.

Häufigkeit

Die Häufigkeit (Inzidenz) der Frühgeborenenretinopathie (ROP oder RPM) variiert je nach Region und Gesundheitssystem. ROP tritt bei Frühgeborenen auf, insbesondere bei Kindern mit einem niedrigeren Gestationsalter und Geburtsgewicht. In Industrieländern mit fortgeschrittener medizinischer Versorgung ist die Häufigkeit tendenziell niedriger und in den letzten Jahren rückläufig. In Entwicklungsländern mit begrenzten Ressourcen kann die Häufigkeit höher sein. Die Frühgeborenenversorgung und Überwachung sind entscheidend, um das Risiko und die Auswirkungen von ROP zu minimieren.

Symptome

Die Retinopathia Praematurorum, auch bekannt als Retinopathie des Frühgeborenen, ist eine Augenerkrankung, die vor allem bei frühgeborenen Kindern auftritt. Die wichtigsten Symptome und Merkmale dieser Krankheit sind z.B.:

  • Unreife der Netzhaut: Bei Frühgeborenen ist die Retina oft nicht vollständig entwickelt, was das Risiko für ROP erhöht.
  • Wucherung von krankhaften Gefäßen: Die Krankheit zeichnet sich durch das Wachstum und Wucherung ungewöhnlich geformter und funktionierender Blutgefässe auf der Netzhaut aus. Diese heissen Neovaskularisationen.
  • Verzerrte Sehwahrnehmung: Kinder mit ROP können Probleme mit ihrer Sehschärfe und visuellen Wahrnehmung haben, die von leichten Sehstörungen bis hin zu schweren Beeinträchtigungen (Sehverlust) reichen können.
  • Strabismus (Schielen): Dies ist eine häufige Begleiterscheinung und kann sich in einer Fehlausrichtung der Augen äußern.
  • Leukokorie (weißer Pupillenreflex): Ein weissliches Aufleuchten der Pupille, bekannt als „Katzenaugenreflex“, kann ein Anzeichen für fortgeschrittene ROP sein.
  • Myopie: Oft entwickeln Kinder mit ROP eine ausgeprägte Kurzsichtigkeit.
  • Netzhautablösung: In schweren Fällen kann es zu einer teilweisen oder vollständigen Netzhautablösung kommen, was zu schwerwiegenden Sehproblemen oder Blindheit führen kann.

Klinische Zeichen mit Zonen und Stadien

Die Retinopathia Praematurorum wird anhand von Zonen und fortgeschrittenen Stadien klassifiziert:

Zonen

  • Zone I: Dies ist der zentralste Bereich der Netzhaut. ROP in Zone I ist am schwersten, da er sich in der Nähe des Sehnervenkopfes befindet.
  • Zone II: Dieser Bereich erstreckt sich von Zone I nach aussen bis zum äusseren Rand der Netzhaut.
  • Zone III: Dies ist der äusserste Rand der Netzhaut.

Stadien

  • Stadium 1: Feine, unregelmässige Blutgefäße der Retina.
  • Stadium 2: Weitere abnorme Blutgefässe treten auf, erreichen jedoch nicht die Mitte der Netzhaut.
  • Stadium 3: Deutlich sichtbare, abnorme Blutgefässe erreichen die Mitte der Netzhaut, können jedoch nicht in Zone I verschoben werden.
  • Stadium 4: Es kommt zu einer teilweisen Netzhautablösung.
  • Stadium 5: In diesem Stadium tritt eine vollständige Ablösung der Netzhaut auf.

Diese Klassifikation hilft Ärzten dabei, den Schweregrad und die Ausdehnung von ROP zu bewerten und die geeignete Behandlung zu planen. Je weiter das Stadium und die Zone fortgeschritten sind, desto schwerwiegender ist die Krankheit und desto dringender kann eine Behandlung erforderlich sein.

Therapie der Frühgeborenenretinopathie

Die Behandlung der Frühgeborenen-Retinopathie hängt von der Schwere der Krankheit ab und wird in enger Zusammenarbeit mit einem Augenarzt für Kinder geplant. Es gibt verschiedene Ansätze zur Behandlung von ROP, z.B. Vitrektomie und die Auswahl der geeigneten Methode erfolgt nach einer sorgfältigen Beurteilung des individuellen Zustands des Kindes. Hier sind einige der gängigen Therapieoptionen für ROP:

  • Beobachtung und regelmässige Untersuchungen: Bei milderen Formen von ROP, insbesondere in den Stadien 1 und 2, kann der Arzt zunächst eine engmaschige Überwachung empfehlen. Das bedeutet, dass das Kind regelmässig auf Veränderungen in der Retina untersucht wird, um festzustellen, ob sich die Krankheit verschlimmert. Diese Beobachtungsphase kann Wochen bis Monate dauern.
  • Lasertherapie (Photokoagulation, Laserbehandlung): Wenn die ROP fortschreitet und die abnormen Blutgefässe behandlungsbedürftig werden, kann eine Lasertherapie durchgeführt werden. Bei diesem Verfahren verwendet der Augenarzt einen speziellen Laser, um die abnorme Entwicklung der Netzhautgefäße zu versiegeln oder zu zerstören. Dadurch wird verhindert, dass sie weiter wachsen und Blutungen im Augenhintergrund oder das Risiko einer Netzhautablösung verstärken.
  • Kryotherapie (Kältebehandlung): In einigen Fällen kann anstelle von Lasertherapie die Kryotherapie eingesetzt werden. Hierbei wird kalte Flüssigkeit auf die Oberfläche des Auges aufgetragen, um die abnormen Blutgefässe zu behandeln und zu veröden.
  • Anti-VEGF-Medikamente: In neueren Entwicklungen werden Anti-VEGF-Medikamente (Vascular Endothelial Growth Factor) wie Bevacizumab in Betracht gezogen. Diese Medikamente wird durch Injektion in das Auge injiziert, um das Wachstum der abnormen Blutgefässe zu hemmen. Die Verwendung von Anti-VEGF-Medikamenten ist jedoch immer noch Gegenstand von Forschung und Diskussion.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Entscheidung zur Behandlung von ROP von vielen Faktoren abhängt, einschliesslich des Alters des Kindes, des Schweregrads der Krankheit und der Lage der abnormen Blutgefässe in der Retina. Die Behandlung zielt darauf ab, Komplikationen wie Netzhautablösungen und damit einhergehende Sehverluste zu verhindern.

Die Nachsorge und strenge augenärztliche Überwachung des Auges sind nach einer Behandlung von grosser Bedeutung, da ROP eine chronische Krankheit ist und sich Veränderungen im Laufe der Zeit entwickeln können. Spätkomplikationen können beispielsweise ein Myopie, Strabismus und das Glaukom sein. Eine enge Zusammenarbeit mit einem Augenarzt und die Einhaltung der empfohlenen Nachsorgeuntersuchungen sind entscheidend, um die Sehkraft des Kindes zu schützen und sicherzustellen, dass die Krankheit angemessen behandelt wird.

Andere Erscheinungsformen der Frühgeborenen-Retinopathie

Die Retinopathia Praematurorum kann in verschiedenen Erscheinungsformen auftreten, darunter die speziellen Varianten Treshold-Disease, Plus Disease und Aggressive Posterior Disease. Diese Formen der ROP sind besonders wichtig, da sie auf einen schwerwiegenderen Verlauf der Krankheit hinweisen und eine engmaschigere Überwachung oder eine intensivere Behandlung erfordern können. Hier ist eine Beschreibung dieser speziellen Erscheinungsformen:

Threshold-Disease (Schwellenwert-Erkrankung)

  • Beschreibung: Die Threshold-Disease ist eine schwerwiegende Form der ROP, die auftritt, wenn bestimmte Merkmale in der Netzhaut vorliegen und einen bestimmten Schweregrad erreichen. Der Begriff „Schwellenwert“ bezieht sich auf die Schwelle oder den Grad der Krankheit, ab dem eine Behandlung dringend erforderlich ist.
  • Merkmale: Um als Threshold-Disease diagnostiziert zu werden, müssen bestimmte Kriterien erfüllt sein, wie zum Beispiel das Vorhandensein von abnormen Blutgefässen in der Netzhaut, die eine bestimmte Ausdehnung erreichen oder das Vorhandensein von Plus Disease (siehe unten).
  • Behandlung: Bei Threshold-Disease ist eine sofortige Behandlung erforderlich, um das Fortschreiten der Krankheit und mögliche Komplikationen zu verhindern. In der Regel erfolgt die Behandlung durch Lasertherapie oder Kryotherapie, um die abnormen Blutgefässe zu versiegeln und zu zerstören.

Plus Disease (Plus-Erscheinung)

  • Beschreibung: Plus Disease ist eine klinische Beurteilung der Schwere der ROP. Sie bezieht sich auf das Vorhandensein von stark erweiterten und abnormen Blutgefäße der Netzhaut, insbesondere im Bereich der Papille (Sehnervenkopf). Diese erweiterten Blutgefässe deuten auf eine schwerere Form der ROP hin.
  • Merkmale: Ein erfahrener Augenarzt kann Plus Disease diagnostizieren, indem er das Ausmass der Gefässerweiterung in der Netzhaut beurteilt. Es kann auch anhand von Fotodokumentationen bewertet werden.
  • Behandlung: Das Vorhandensein von Plus Disease weist auf eine fortgeschrittenere Form der ROP hin und erfordert in der Regel eine sofortige Behandlung, um das Fortschreiten der Krankheit zu stoppen. Die Behandlung kann durch Lasertherapie oder Kryotherapie erfolgen.

Aggressive Posterior Disease (Aggressive posteriore Erkrankung)

  • Beschreibung: Die Aggressive Posterior Disease ist eine besonders aggressive und schwer zu behandelnde Form der ROP. Sie tritt häufig bei sehr unreifen Frühgeborenen auf und entwickelt sich schnell.
  • Merkmale: Diese Form der ROP zeichnet sich durch das Fehlen der typischen Merkmale von Stadien und Zonen aus, wie sie in der klassischen ROP beschrieben sind. Stattdessen tritt die Krankheit in einem posterioreren (hinteren) Teil der Netzhaut auf und ist schwerer zu erkennen.
  • Behandlung: Die Behandlung der Aggressive Posterior Disease kann aufgrund ihrer Schwierigkeit und des posterioreren Auftretens kompliziert sein. Sie erfordert oft eine intensive Überwachung und möglicherweise eine Kombination verschiedener Behandlungsmethoden, einschliesslich Lasertherapie, Anti-VEGF-Medikamente und in einigen Fällen auch Operationen.

Diese speziellen Erscheinungsformen der ROP erfordern eine frühzeitige Diagnose und eine gezielte Behandlung, um schwerwiegende Sehprobleme oder eine drohende Erblindung zu verhindern. Die Überwachung und Behandlung sollten in enger Zusammenarbeit mit einem erfahrenen Augenarzt erfolgen, der auf die Behandlung von Retinopathia Praematurorum spezialisiert ist.

Vorbeugung

Die beste Vorbeugung (Screening Programm) gegen die Frühgeborenen Retinopathie besteht darin, Frühgeburten zu vermeiden. Dies kann durch eine angemessene pränatale Versorgung, die Vermeidung von Risikofaktoren wie Rauchen und Alkoholkonsum während der Schwangerschaft sowie die Verbesserung der neonatalen Versorgung erreicht werden.

Prognose

Die Prognose für Frühgeborene mit Retinopathie hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter der Schweregrad der Erkrankung und die rechtzeitige Behandlung. Bei frühzeitiger Diagnose und angemessener Behandlung können viele Kinder mit Retinopathia Praematurorum eine gute Sehkraft entwickeln. In schwereren Fällen kann jedoch eine dauerhafte Sehbeeinträchtigung oder Blindheit auftreten.

Zusammenfassung: Frühgeborenen-Retinopathie

Die Frühgeborenen Retinopathie ist eine Augenerkrankung, die bei Frühgeborenen auftritt und zu einer Netzhautablösung führen kann. Unreifen Blutgefässen und Netzhautgefässe sind die Ursache. Es kann zu abnormalem Gefässwachstum kommen. ROP kann das Sehvermögen beeinträchtigen oder zur Erblindung führen. Die Häufigkeit variiert je nach Region und Gesundheitssystem. Frühzeitige Diagnose, engmaschige Überwachung und gezielte Behandlung sind entscheidend, um das Risiko und die Auswirkungen von ROP zu minimieren. Risikofaktoren sind eine frühzeitige Geburt, niedriges Geburtsgewicht, Sauerstofftherapie und genetische Faktoren.

ROP wird in verschiedenen Stadien und Zonen klassifiziert, wobei schwere Fälle behandlungsbedürftig sind. Augenärztliche Behandlungsmöglichkeiten umfassen Lasertherapie (Laserbehandlung) und andere Verfahren, um das abnormale Gefässwachstum zu stoppen, die meisten Verfahren können ganz einfach in einer Augenklinik durchgeführt werden. Die Langzeitprognose hängt von der Schwere der Krankheit ab, und die beste Prävention besteht darin, Frühgeburten zu vermeiden.

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