Frühgeborenen-Retinopathie

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Frühgeborenen-Retinopathie

Kategorien: NetzhautproblemeVeröffentlicht am: 4. Februar 2019Von 9,7 min LesezeitAktualisiert: 15. Oktober 2023
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Inhaltsverzeichnis

Fruehgeborenes-Kind

Was ist eine Frühgeborenen-Retinopathie?

Der lateinische beziehungsweise medizinische Begriff für diese Augenkrankheit heisst „Retinopathia praematurorum“ (RPM). Dabei geht es um Gefässwucherungen in der Netzhaut des frühgeborenen Säuglings, die allgemein auch als Retina bezeichnet wird.

Je früher das Baby geboren wurde, desto häufiger und zum Teil auch ausgeprägter tritt die Frühgeborenenretinopathie in Erscheinung. Daher sind viele Kinder betroffen, die schon vor der 32. Schwangerschaftswoche zur Welt kamen.

Das Risiko für diese Netzhauterkrankung ist nochmals erhöht, wenn das Geburtsgewicht weniger als 1.500 Gramm betragen hat und/oder wenn eine künstliche Beatmung länger als drei Tage stattgefunden hat, so weisen es die Statistiken aus.

Meistens ist die Frühgeborenen-Retinopathie nicht so schwerwiegend ausgeprägt. Es gibt aber sehr wohl Einzelfälle, die mit ganz erheblichen gesundheitlichen Langzeitfolgen verbunden sind, die da wären:

  • Narbenbildung
  • Kurzsichtigkeit
  • Netzhautablösungen in späteren Jahren, die sogar zur Erblindung führen können

Diesbezüglich gefährdete Babys werden heute einer Untersuchung zur Früherkennung einer Frühgeborenenretinopathie unterzogen. So können schwerwiegende Spätfolgen durch die rechtzeitige Einleitung einer Therapie abgewendet werden.

Für die Eltern sind die Hauptsymptome der Frühgeborenen-Retinopathie bei dem Baby in aller Regel nicht zu erkennen, weil es sich dabei meistens um Sehstörungen oder Einblutungen im Glaskörper. Für die Eltern sind die Hauptsymptome der Retinopathia praematurorum bei dem Baby in aller Regel nicht zu erkennen, weil es sich dabei meistens um Sehstörungen oder Einblutungen im Glaskörper handelt. Insofern kann ausschliesslich eine augenärztliche Untersuchung mithilfe einer Augenspiegelung bei dem Frühgeborenen eine verlässliche Auskunft über den gesundheitlichen Zustand dessen Augen geben.

Wenn tatsächlich eine Retinopathia praematurorum vorliegt, stehen die folgenden zwei Therapieoptionen zur Auswahl:

  1. Laserkoagulation
  2. Kryokoagulation (Vereisung)

Eine derartige Behandlung ist aber nur dann erforderlich, wenn die Gefässwucherung bereits auf den hinteren Teil des Auges übergegangen ist. Ansonsten reicht es erst einmal aus, die Frühgeborenen‑Retinopathie in kurzen zeitlichen Abständen zu kontrollieren, damit bei einer Verschlimmerung rechtzeitig therapiert werden kann. Für die Behandlung existiert in der Augenheilkunde auch eine intravitreale Therapie mit einem Anti-VEGF-Medikament, das unter lokaler Betäubung injiziert wird und im Vergleich zur Laserbehandlung weniger zeitaufwendig ist.

Die Ärzte und Pflegekräfte, die mit Frühgeborenen täglich zu tun haben, achten sehr sorgfältig auf den Sauerstoffgehalt im Blut der Babys, da sowohl ein Mangel als auch ein Überfluss die Entstehung einer Frühgeborenen-Retinopathie befördert. Inzwischen gibt es eine spezielle augenärztliche Screening-Vorsorgeuntersuchung für Frühgeborene.​

Definition der Frühgeborenen-Retinopathie

Die Retinopathia praematurorum (RPM) ist eine Netzhauterkrankung, die bei frühgeborenen Kindern vorkommen kann. Verursacht ist sie in der Regel dadurch, dass die Entwicklung der Blutgefässe in der Netzhaut noch nicht abgeschlossen ist.

Das Einwachsen der Blutgefässe in die Retina erfolgt normalerweise ab der 16. Schwangerschaftswoche bis zur Geburt. Verlässt das Baby zu früh den Mutterleib, bedeutet dies eine Beeinträchtigung der Sauerstoffversorgung genau dieser winzigen Blutgefässe in der Netzhaut. Um dies auszugleichen, beginnen diese Gefässe übermässig zu wachsen. Im schlimmsten Fall kann sich die Retina des Babys sogar ablösen.

Auch bei weniger schwerer Schädigung ist festzustellen, dass diejenigen Kinder, die von einer dieser Netzhauterkrankung betroffen waren, im späteren Kindesalter signifikant häufiger unter einer Sehschwäche leiden, was sogar Schielen mit einschliesst. Mit erhöhter Wahrscheinlichkeit von Retinopathia praematurorum betroffen sind die folgenden Gruppen:

  • Babys, die vor Vollendung der 32. Schwangerschaftswoche zur Welt kommen
  • Frühgeborene, deren Geburtsgewicht unter 1.500 Gramm liegt
  • Babys, die mehr als drei Tage beatmet werden müssen
  • Frühgeborene mit anderen Erkrankungen

Mögliche Ursachen für eine Retinopathia praematurorum

Wie oben bereits beschrieben liegt aufgrund der zu frühen Geburt meistens eine unvollständige Netzhautausreifung vor. Im Mutterleib ist der Sauerstoffpartialdruck gespeist durch die Plazenta noch relativ gering. Erst wenn das Kind selbstständig atmet, kommt es zu einem langsamen, stetigen Anstieg des Partialdrucks. Wenn es aufgrund einer zu frühen Geburt erforderlich ist, das Baby künstlich zu beatmen, kann es passieren, dass der Sauerstoffpartialdruck über das gesunde Mass hinaus ansteigt und eine Sauerstoffübersättigung des Blutes eintritt. Dadurch entstehen Wucherungen auf den Netzhäuten.

Diese wuchernden Blutgefässe können unter Umständen in den Glaskörper einwachsen und im Inneren des Auges zu Blutungen führen. Aus diesem Bindegewebe können zudem Membranen erwachsen, die dazu neigen, sich zusammen zu ziehen, wobei sie nicht selten die Netzhaut vom Augenhintergrund abziehen.

Häufigkeit und Risikofaktoren

Bis zu 40 Prozent jener Frühgeborenen, die bei ihrer Geburt weniger als 1.500 Gramm wiegen, sind von einer solchen Frühgeborenen-Retinopathie betroffen. Allerdings treten besonders schwere Verlaufsformen, die zu einer vollständigen Erblindung führen, sehr selten auf.

Die vorrangigen Risikofaktoren für eine ​Retinopathia praematurorum sollen hier noch einmal kurz genannt werden:

  • Geburt vor der 32. Schwangerschaftswoche
  • Geburtsgewicht unter 1.500 Gramm
  • Künstliche Beatmung des Neugeborenen, insbesondere dann, wenn diese länger als drei Tage erforderlich ist
  • Noch andere gesundheitliche Probleme des zu früh geborenen Kindes

Klinische Zeichen und Diagnostik mit Verlaufsformen

Bei einer Retinopathia praematurorum kommt es zu Sehstörungen und/oder Blutungen im Auge. Babys sind natürlich noch nicht in der Lage, solche Symptome wahrzunehmen, geschweige denn, sich dazu zu äussern. Daher kommt es auf die Eltern im Verein mit einem Augenarzt an, dass die Augen des Frühchens mit erhöhtem Risiko regelmässig untersucht werden, denn nur der Augenarzt kann Anomalien der Netzhaut rechtzeitig diagnostizieren und gegebenenfalls eine Therapie einleiten. Wichtig zu wissen in diesem Zusammenhang ist, dass die Frühgeborenen-Retinopathie in fünf unterschiedliche Schweregrade eingeteilt wird.

Babys sind natürlich noch nicht in der Lage, solche Symptome wahrzunehmen, geschweige denn, sich dazu zu äussern. Daher kommt es auf die Eltern im Verein mit einem Augenarzt an, dass die Augen des Frühchens mit erhöhtem Risiko regelmässig untersucht werden, denn nur der Augenarzt kann Anomalien der Netzhaut rechtzeitig diagnostizieren und gegebenenfalls eine Therapie einleiten. Wichtig zu wissen in diesem Zusammenhang ist, dass die Frühgeborenen-Retinopathie in fünf unterschiedliche Schweregrade eingeteilt wird.

Zur Diagnose der Erkrankung verwendet der Arzt spezielle Augentropfen zur Erweiterung der Pupillen, um mit dem Augenspiegel eine Ophthalmoskopie durchzuführen. Zu diesem Zweck wird der Untersuchungsraum abgedunkelt und die Augen des Babys mit einer feinen Lidsperre offen gehalten.

Um das Auge des Kindes gezielt in jede beliebige Richtung bewegen zu können, kommt ein Untersuchungshäkchen zum Einsatz. Gewiss ist eine solche Untersuchung für das Kind nicht angenehm, wenngleich alles völlig schmerzfrei ist. Zu empfehlen ist diese Untersuchung bei Frühchen in etwa ab der sechsten Lebenswoche. Je nach Befund kann es sich als notwendig erweisen, regelmässige Kontrolluntersuchungen vorzunehmen.

Es ist sehr wichtig, die Veränderungen in der Netzhaut genau zu lokalisieren. In diesem Kontext wurden mit Bezug auf die Papille drei Zonen definiert:

  • Zone I
    Kreis um die Papille mit dem Radius des doppelten Abstandes zwischen Papille und Fovea
  • Zone II
    Peripherer Bereich von Zone I bis zum Papillenkreis einschliesslich Ora serrata
  • Zone III
    Restlicher peripherer retinaler Bereich

Die Entwicklung einer Retinopathia praematurorum wird in fünf Stadien eingeteilt, um so das Ausmass der krankhaften Änderungen der Netzhaut zu definieren. Diese Stadien spielen insbesondere für die vergleichenden Kontrolluntersuchungen eine wichtige Rolle.

  1. Stadium
    Zu erkennen ist eine grau-weisse Linie zwischen dem ausgereiften und dem noch unreifen Bereich der Netzhaut. Die Farbunterschiede sind eine Folge der Dichte an Gefässen.
  2. Stadium
    Diese „Demarkationslinie“ hat sich bereits deutlich vergrössert.
  3. Stadium
    Es ist bereits dicht an der Grenzlinie zu Wucherungen aus neugebildeten Gefässen gekommen. Dabei fällt ein ungünstiges extraretinales Wachstum in Richtung Glaskörper der Gefässe auf. Es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit für Komplikationen wie Blutungen und spätere Netzhautschäden.
  4. Stadium
    Die Netzhaut hat sich schon partiell abgelöst.
  5. Stadium
    Es liegt eine komplette Netzhautablösung vor, die auch schon äusserlich an einer weissen Pupille (Leukokorie) zu erkennen ist.

Diese Einteilung zur Beurteilung des Schweregrades ist das Ergebnis von Studien, die vom „Committee for the Classification of Retinopathy of Prematurity“ durchgeführt worden sind.

Therapie der Frühgeborenen-Retinopathie

Für die Wahl der Therapie ist entscheidend, ob auch eine sogenannte „Plus Disease“ vorliegt, bei der die Blutgefässe im hinteren Teil des Auges mit betroffen sind. In diesem Fall handelt es sich um eine Retinopathia praematurorum Typ 1, ohne Plus Disease ist die Rede von Typ 2.

Bei einer Frühgeborenen-Retinopathie Typ 1 muss umgehend mit einer Vereisung der Netzhautschäden (Kryokoagulation) begonnen werden, um die Chance auf einen guten Therapieerfolg zu erhöhen. Als alternative Massnahme steht eine Behandlung mit Laser (Laserkoagulation), die ebenfalls unter Vollnarkose durchgeführt wird, zur Verfügung.

Im Falle einer Frühgeborenen-Retinopathie Typ 2 wird der Augenarzt auf regelmässige Untersuchungen in relativ kurzen zeitlichen Abständen bestehen, damit weitergehende Schädigungen der Netzhaut rechtzeitig erkannt werden. Die früher zur Anwendung gekommene Vitrektomie, bei der die Netzhaut mit einem künstlichen Glaskörper festgehalten wurde, wird heute nur noch sehr selten empfohlen.

Prognose

Je früher eine Frühgeborenen-Retinopathie festgestellt und behandelt wird, desto besser die Prognose. Trotzdem kann die Netzhaut vernarben mit der Folge einer Kurzsichtigkeit. Überdies ist nicht auszuschliessen, dass später doch noch eine „sekundäre“ Netzhautablösung erfolgt, die sogar zur Erblindung führen kann.

Nachsorge

Da spätere Komplikationen nie ausgeschlossen werden können, sind regelmässige Nachsorgeuntersuchungen immens wichtig. Insofern sind alle Eltern, deren Kind schon vor der 32. Schwangerschaftswoche geboren wurde, gut beraten, ihr Kind bis zu seinem sechsten Geburtstag in regelmässigen Abständen beim Augenarzt vorzustellen. Selbstverständlich gilt dies auch für Patienten, die zwar nach der 32. Schwangerschaftswoche geboren wurden, bei denen aber trotzdem eine Frühgeborenen-Retinopathie besteht.

„Treshold-Disease“, „Plus-Disease“ und „Aggressive Posterior Disease“ als ergänzende Diagnosehelfer

Weitere Merkmale, die die Bestimmung des jeweiligen Stadiums und damit auch des Schweregrades der Frühgeborenen-Retinopathie erleichtern, lassen sich mit den Begriffen „Treshold-Disease“, „Plus-Disease“ und „Aggressive Posterior Disease“ zusammenfassen.

Von „Treshold-Disease“ (Schwellenkrankheit auf Deutsch) spricht man, wenn es bei 8 nicht zusammenhängenden oder 5 zusammenhängenden Stunden zu präretinalen Proliferationen, das heisst zu vor der Netzhaut gelegenen Wucherungen, kommt. 

„Treshold- Disease“ ist in der Regel ein Hinweis auf das mittelschwere Stadium 3 einer Frühgeborenen-Retinopathie.

Dieses Krankheitsbild tritt zumeist in Verbindung mit einer pathologischen Erweiterung und Schlängelung der Gefässe am hinteren Augenpol, in der Medizin auch als Pluszeichen bzw. „Plus-Disease“ bezeichnet, auf. 

Bei dieser Erkrankung handelt es sich gleichermassen um einen Verweis darauf, dass sich die Frühgeborenen-Retinopathie in einem fortgeschrittenen Stadium befindet.

Neben der Schlängelung der Arterien und krankhaften Erweiterung der Netzhautvenen können auch Symptome wie Glaskörper-Trübungen und eine überdurchschnittlich hohe Durchblutung der Regenbogenhaut auf die sogenannte „Plus-Krankheit“ verweisen.

Die aggressive hintere Krankheit, in Fachkreisen auch unter dem Begriff „Aggressive Posterior Disease“ bekannt, beschreibt Veränderungen im hinteren Pol-Bereich, für die eine zirkuläre Ausdehnung bezeichnend ist. 

Wird diese ernste Form der Retinopathia praematurorum nicht rechtzeitig behandelt, so führt sie rasch zu dem 5. Stadium inklusive der damit einhergehenden schweren Folgen, die im Ernstfall einen vollständigen Verlust der Sehleistung mit sich bringen.

Ist eine Vorbeugung möglich?

Richtige Vorbeugemassnahmen, noch während sich das Kind im Mutterleib befindet, sind nicht möglich und auch kaum denkbar. Falls das Kind zu den „Risikopatienten“ gehört im Sinne der weiter oben aufgezeigten Risiken, sollte bei dem Baby der Sauerstoffpartialdruck möglichst häufig kontrolliert werden. Immerhin hat das seit ein paar Jahren eingeführte augenärztliche Screening dazu geführt, dass schwere Verlaufsformen der Frühgeborenen-Retinopathie weniger oft auftreten.

Quellen

  • Timothy L Jackson: Moorfields Manual of Ophthalmology, third edition, Seite 635-640.
  • Nika Bagheri, Brynn N. Wajda: The Wills Eye Manual, 7th edition, Seite 174-177.
  • Brad Bowling: KANSKIs Klinische Ophthalmologie, 8. Auflage, Seite 554-558.
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