Neurologische Erkrankungen und das Auge

Neurologische Erkrankungen und das Auge

Kategorien: AugeninformationenVeröffentlicht am: 3. Mai 2022Von 5,7 min LesezeitAktualisiert: 6. Dezember 2023

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Inhaltsverzeichnis

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Wissenswertes zu den Auswirkungen neurologischer Erkrankungen auf das Auge

Neurologische Erkrankungen führen häufig zu einer grösseren Anzahl sehr unterschiedlicher Symptome. Ein Teil davon kann auch die Augen betreffen. Dies manifestiert sich beispielsweise an Schmerzen oder Sehstörungen und ist unter anderem in entzündlichen Prozessen, Erkrankungen der Muskulatur oder Durchblutungsstörungen begründet. Auch Tumoren sowie Autoimmunkrankheiten sind dafür bekannt, Sehstörungen zu verursachen.

Nicht immer ist die zugrunde liegende neurologische Krankheit bereits bekannt. Oft werden Beeinträchtigungen an den Augen wahrgenommen, die erst im weiteren Verlauf zu einer neurologischen Diagnose führen. Bei unklaren Einschränkungen der Sehschärfe, Ausfällen im Bereich des Gesichtsfelds, dem Sehen von Doppelbildern oder Augenschmerzen aller Art ist in jedem Fall ein zeitnaher Besuch beim Augenarzt sinnvoll.

Migräne

Bei der Migräne kommt es zu erheblichen Kopfschmerzen. Sie sind meist einseitig lokalisiert und werden von unterschiedlichen Symptomen begleitet. Typisch für viele Betroffene sind Schwindelgefühle, Übelkeit und Erbrechen, eine gesteigerte Sensibilität für Lärm und bohrende oder stechende Schmerzen. Obwohl es sich bei der Migräne um keine Augenerkrankung handelt, kommen sehr oft wesentliche Beeinträchtigungen an den Augen hinzu, die wieder verschwinden, wenn die Migräne vorbei ist.

Zu den bekanntesten Symptomen im Bereich der Augen gehören Gesichtsfeldausfälle, das Sehen von Lichtblitzen, grell wirkenden Farben, Einschränkungen des Gesichtsfelds sowie Anzeichen von Flimmern. Dabei können einzelne Merkmale isoliert in Erscheinung treten oder auch kombiniert. Wenn bei einer Migräne die Augen ein zentraler Teil der Attacke sind, lautet der Fachbegriff Augenmigräne. Eine Behandlung bzw. Therapie von Migräneanfällen lässt sich in der Regel mit Medikamenten durchführen. Die Migräneanfälle lassen sich medikamentös meist gut behandeln. Hilfreich sind Ruhe und ein Vermeiden starker Lichtreize. Ein Gesichtsfeldausfall ist aber ein medizinischer Notfall und sollte für den Erhalt von Sehkraft und Sehvermögen untersucht werden.

Myasthenie (Myasthenia gravis)

Die Myasthenie oder Myasthenia gravis zählt zu den sogenannten nicht erblichen Autoimmunerkrankungen, die auf einer Störung der Signalübertragung zwischen den Muskeln und den Nerven basiert. Vorherrschend ist vor allem eine Schwächung der Muskeln, die in ihrer Stärke sehr unterschiedlich ausgeprägt ist. Die Erkrankung verläuft typischerweise in Schüben. Bei etwa der Hälfte aller betroffenen Menschen mit Myasthenia gravis sind die ersten Symptome im Gesicht feststellbar, hier insbesondere an den Augen. Das obere Augenlid hängt herunter, ein sogenannter Schlafzimmerblick ist die Folge. Neben dem Unvermögen, das Lid zu heben (Ptosis) ist häufig auch das Schliessen der Augen problematisch, ebenso sind Doppelbilder möglich.

Multiple Sklerose

Die Autoimmunerkrankung Multiple Sklerose (MS) ist eine üblicherweise in Schüben verlaufende chronische Entzündung des Nervensystems. Die damit verbundenen Symptome sind äusserst komplex und variieren erheblich, je nachdem, in welchem Bereich die Nervenstrukturen geschädigt sind. Aus diesem Grund wird die MS auch als eine Erkrankung „mit 1000 Gesichtern“ bezeichnet. Aufgrund einer bereits meist früh vorkommenden Entzündung des Sehnervs (Optikusneuritis), zählen Sehstörungen zu den ersten Symptomen. Der Sehnerv ist wie die Netzhaut – ein Teil des Gehirns. Hierbei nimmt beispielsweise zunächst vorübergehend die Sehschärfe ab, Betroffene sehen Doppelbilder, haben Ausfälle des Gesichtsfelds oder auch Schmerzen beim Bewegen der Augen. Zumindest die Symptome an den Augen bilden sich nach einiger Zeit gänzlich zurück.

Morbus Parkinson

Die Parkinson-Erkrankung zeichnet sich durch ein Absterben bestimmter Nervenzellen innerhalb des Gehirns aus. Dies führt im weiteren Verlauf zu deutlich verlangsamten Bewegungsabläufen, einer steifen Muskulatur und dem Zittern der Gliedmassen im Ruhezustand. Oft ist auch mit der Zeit bei einer Vielzahl der Betroffenen das Denken beeinträchtigt und eine Demenz kommt hinzu. Ein bekanntes Phänomen, von dem viele Patienten berichten, sind Störungen der Augenbewegungen sowie ein Zittern der Augen, das als Augen-Tremor bezeichnet wird. Ebenfalls möglich ist das Sehen von Doppelbildern und stark trockene Augen, die auf den verminderten Lidschlag zurückgehen. Nebenwirkungen der Parkinson-Medikamente sind häufig für die genannten Symptome verantwortlich.

Lähmungsschielen

Das als Strabismus paralyticus bezeichnete Lähmungsschielen basiert auf einer Lähmung der Augenmuskulatur. Die Lähmung führt dazu, dass die allgemeine Beweglichkeit der Augenmuskeln nur eingeschränkt möglich ist. Die Bewegung der Augen kann entsprechend nicht mehr sinnvoll aufeinander aDas als Strabismus paralyticus bezeichnete Lähmungsschielen basiert auf einer Lähmung der Augenmuskulatur. Die Lähmung führt dazu, dass die allgemeine Beweglichkeit der Augenmuskeln nur eingeschränkt möglich ist. Die Bewegung der Augen kann entsprechend nicht mehr sinnvoll aufeinander abgestimmt werden, das Auge schielt. Die Ursachen für das Lähmungsschielen sind unterschiedlich. Sie gehen entweder auf die Schädigung eines Hirnnerven zurück oder eine Erkrankung eines Augenmuskels. Die Augenmuskulatur kann beispielsweise im Kontext von Schilddrüsenerkrankungen oder entzündlichen Prozessen der Muskeln erkranken. Weiterhin führen Verletzungen im Auge zu Störungen der Augenbewegungen sowie Funktionseinschränkungen im Gehirn, etwa nach Schlaganfällen. Das Schielen als Symptom lässt sich entweder durch eine Brille korrigieren oder auch durch eine spezielle Schieloperation.

Myotone Dystrophie

Die myotone beziehungsweise myotonische Dystrophie gehört zu den häufigsten Varianten des Muskelschwunds (Muskeldystrophie) bei Erwachsenen. Erste Anzeichen dieser erblich bedingten Krankheit zeigen sich regelmässig bereits im Jugendalter. Im Fokus steht eine zunehmende Schwächung der Muskulatur, von der auch die Augenmuskeln betroffen sind. Im Bereich des Gesichtes besteht eine deutlich reduzierte Mimik, und das Anheben der Augenlider ist erschwert (Lidschwäche). Dadurch hängt das obere Augenlid (Ptosis) und führt insgesamt im Gesicht zu einem besonderen Aussehen, was oftmals erster Verdachtsmoment für die Diagnose ist. Unabhängig von der eigentlichen Muskelschwäche manifestieren sich regelmässig zusätzliche Störungsbilder, von denen auch die Augen in höherem Lebensalter betroffen sind, beispielsweise durch die Erkrankung Grauer Star (Linsentrübung).

Entzündungen, Tumoren und Gefässfehlbildungen

Insbesondere die Augenhöhle (Orbita) kann von unterschiedlichen Erkrankungen betroffen sein. Hierzu zählen Entzündungen, gutartige oder bösartige Tumoren sowie Fehlbildungen der Gefässe.
Zu den häufigsten Entzündungen im Bereich des Auges gehört die Autoimmunkrankheit endokrine Orbitopathie. Sie kommt meist bei der Schilddrüsenerkrankung Morbus Bechterew vor und betrifft etwa die Hälfte aller Patienten mit dieser Diagnose.
Im Falle von Tumoren sind vielfach erhebliche Beeinträchtigungen des Sehens gegeben sowie deutliche Einschränkungen bei den Augenbewegungen. Das Wachstum eines Tumors bestimmt dabei meist das Ausmass der Sehstörungen.
Innerhalb der Augenhöhle befindet sich ein komplexes System von Gefässen. Gelegentlich sind Fehlbildungen an den Gefässen möglich, aus denen Funktionsstörungen an den Augen resultieren. Sie werden in der Regel chirurgisch oder im Rahmen der interventionellen Radiologie behandelt.

Quellen

  • Nika Bagheri, Brynn N. Wajda: The Wills Eye Manual, 7th edition, Seite 233-278.
  • Timothy L Jackson: Moorfields Manual of Ophthalmology, third edition, Seite 693-754.
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