Sichelzellretinopathie: Symptome und Therapie

Sichelzellretinopathie: Symptome und Therapie

Kategorien: Syndrome & AugenerkrankungenVeröffentlicht am: 20. Oktober 2022Von 5 min LesezeitAktualisiert: 6. Dezember 2023

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Inhaltsverzeichnis

sichelzellretinopathie

Die Augenkrankheit Sichelzellretinopathie kann eine Begleiterscheinung der Erkrankung von Sichelzellen sein. Diese kommt gehäuft bei Menschen aus Afrika, dem Nahen Osten und dem Mittelmeerraum vor. In fortgeschrittenen Stadien kann die Sichelzellretinopathie zu Glaskörperblutungen und einer Netzhautablösung führen.

Die Sichelzellretinopathie kann trotz einer frühen Diagnose progredient sein und bei 10 bis 15 Prozent der Patienten zur Erblindung durch Netzhautablösung führen. Bei etwa der Hälfte der Patienten bildet sich die Sichelzellretinopathie durch durch eine spontane Okklusion der zuführenden Arteriolen zurück.

Anhand der vorliegenden Netzhautveränderungen wird die Sichelzellretinopathie in nicht-proliferative und proliferative Typen eingeteilt. Die proliferative Sichelzellretinopathie ist die schwerste Augenkomplikation bei vorliegender Sichelzellerkrankung.

Ursachen der Sichelzellretinopathie

Bei der Sichelzellretinopathie kommt es durch eine Erkrankung der Erythrozyten zu veränderten Fliesseigenschaften des Blutes. Dies kann zu Gefässverschlüssen, Ischämie und damit auch zu Neovaskularisationen im Auge führen, ähnlich wie bei einer Rubeosis iridis. Hierbei handelt es sich und eine ausgeprägte Füllung der Irisgefässe oder vermehrte Gefäßneubildung in der Iris und im Kammerwinkel mit rosaroter Färbung „Rubeosis“ der Iris.

Mit zunehmenden Alter steigt die Prävalenz, an Sichelzellretinopathie zu erkranken. Patienten mit dem HbSC-Genotyp und einem systemisch gutartigen Verlauf erkanken häufiger an proliferativer Sichelzellretinopathie als Patienten mit dem Hbss-Genotyp und erfahren auch häufiger einen schweren Verlauf. Der Verlauf der Sichelzellretinopathie, korreliert stark mit der Schwere der zugrunde liegenden Erkrankung der Sichelzellen.

Symptome der Sichelzellretinopathie

Die proliferative Sichelzellretinopathie tritt in der Regel in den ersten zehn Lebensjahren auf, bleibt meist jedoch asymptomatisch und daher zunächst unbemerkt. Erst wenn die Krankheit weiter fortgeschritten ist und bereits eine Glaskörperblutung oder Netzhautablösung eingesetzt hat, treten die dafür typischen Klassifikationen und Symptome auf, z. B.:

  • eingeschränkte Sicht durch Schlieren oder rötliche verfärbte Bereiche im Sichtfeld
  • Wahrnehmung von Lichtblitzen
  • Schwarm schwarzer Punkte
  • dunkler Vorhang oder Schatten im Gesichtsfeld

Diagnostik

Anzeichen für eine Erkrankung der Sichelzellen sind die sogenannten Lachsflecken („salmon patches“) sowie pigmentierte Vernarbungen („black sunbursts“). Retinale arterielle Verschlüsse sind selten. Häufig treten auch kristialline oder Lipidablagerungen auf. Ablagerungen sorgen in aller Regel aber nicht für eine Visusminderung. Diese wird hauptsächlich durch die proliferative Sichelzellretinopathie hervorgerufen.

Einteilung nach Goldberg

Seit 1971 gilt für die proliferative Sichelzellretinopathie eine Einteilung nach Goldberg in 5 Stadien. Die ersten beiden Stadien sind nichtproliferativ. Die Neovaskularationen okkludieren und bilden sich sehr häufig selbst zurück. Dies stellt eine wichtige Abgrenzung zu Retinopathien anderen Ursprungs (z. B. Diabetes) dar. Die Neovaskularationen können jedoch auch zu Glaskörperblutungen oder einer Netzhautablösung führen.

  • Stadium I: periphere arterioläre Okklusionen
  • Stadium I: periphere arteriovenöse Anastomosen als Folge von Obstruktionen
  • Stadium I: Neovaskularisationen („sea fans“), die aus den Anastomosen entstehen
  • Stadium I: Glasköperblutung aus Neovaskularisationen
  • Stadium V: Netzhautablösung (traktiv/rhegmatogen)

Differentialdiagnosen

Durch den Befund der retinalen Neovaskularisationen ist die Diagnose abzugrenzen von:

  • Morbus Eales
  • einer proliferativen diabetischen Retinopathie
  • Morbus Adamantiades-Behcet
  • einer durch Tuberkulose assoziierte Vaskulitits
  • eine abgelaufene Frühgeborenenretinopathie
  • einer familiären exsudativen Vitreoretinopathie

Für eine eindeutige Abgrenzung muss bei Patienten, die zur Risikogruppe gehören, auf eine Sichelzellerkrankung getestet werden.

Behandlungsmöglichkeiten

Die geeignete Behandlung bei Sichelzellretinopathie wird kontrovers diskutiert und kann eine Laser-Photokoagulation und (bei fortgeschrittener Krankheit) eine Vitrektomie umfassen.

Prävention

Um eine Sichelzellretinopathie rechtzeitig zu erkennen, müssen sich Patienten, die an der Sichelzellerkrankung leiden, regelmässigen Netzhautuntersuchungen unterziehen. Diese sollte ab dem 10. Lebensjahr zweimal jährlich bei einem Augenarzt erfolgen, bei Patienten mit SCD-S/C ab dem 6. Lebensjahr.

Durch eine Früherkennung und anschliessende Behandlung ist es möglich, die Auswirkungen der Krankheit der Sichelzellen einzudämmen und einem Sehverlust weitestgehend vorzubeugen. Durch eine optimale Behandlung der zugrunde liegenden Sichelzellanämie selbst können auch Begleiterkrankungen wie die Sichelzellretinopathie positiv beeinflusst bzw. ihnen entgegengewirkt werden.

Da sich eine proliferative Sichelzellretinopathie nach einer Erkennung im Frühstadium in 50 Prozent der Fälle spontan zurückbilden kann, muss in diesem Zeitraum kurzfristig kontrolliert werden. Die weitere Behandlung sollte bei einem erfahrenen Augenarzt erfolgen.

Laser

Droht ein Fortschreiten der Sichelzellretinopathie ins 4. Stadium, ist eine Lastertherapie indiziert. Diese Photokoagulation wird entweder über die Feeder-Gefäss-Koagulation oder die Streulaser-Koagulation durchgeführt. Bei der ersten Methode verschliessen Laserverbrennungen die Gefässe, die die neovaskularisierten Bereiche des Auges versorgen. Die zweite Methode wirkt indirekt und zerstört die ischäme Netzhaut, um Glaskörperblutungen und Netzhautablösungen vorzubeugen.

Chirurgisch

Befindet sich die Krankheit bereits in einem fortgeschrittenen Stadium und droht ein Verlust der Sehschärfe oder Sehkraft, kann ein chirurgischer Eingriff erwogen werden. Zu den Indikationen zählen:

  • langjährige Glaskörperblutungen
  • Glaskörperblutungen in beiden Augen (oder in einem Auge, wenn nur noch ein Auge vorhanden ist)
  • epiretinale Membranen
  • Netzhautablösung

In der Vergangenheit wurde häufig mit einer Skleraschnalle operiert. Für die Behandlung von Glaskörperblutungen wird heute häufig eine Pars-Plana-Vitrektomie genutzt.

Komplikationen und Kontraindikationen

Da ein nach der Operation ein hohes Risiko einer Netzhautablösung besteht, wird bevorzugt eine gestreute Photocoagulation angewendet, um eine Regression der Neovaskularisationen zu erreichen. Mögliche Komplikationen können Netzhautrisse und rhematogene Netzhautablösungen sein.

Das Risiko, nach einem chirurgischen Eingriff eine rhematogene Netzhautablösung zu erleiden, liegt bei etwa 50 Prozent. Eine Skleraschnalle kann zusätzlich einen Gefässverschluss verursachen, der wiederum zu einer Ischämie des vorderen Segments sowie zu einer Phthisis bulbi führen. Dieser Eingriff wird daher nicht mehr empfohlen.

Mögliche Komplikationen einer Pars-Plana-Vitrektomie sind Katarakte, Hyphäma, ein Glaukom und ungelöste Glaskörperblutungen. Dieser Eingriff führt in der Regel zu einem guten Ergebnis. Während der Operation muss darauf geachtet werden, den Augendruck im normalen Bereich zu halten, um einem Netzhautinfarkt vorzubeugen.

Zusammenfassung

Die Sichelzellretinopathie tritt ausschliesslich bei einer vorliegenden Sichelzellerkrankung auf und wird in proliferative und nicht-proliferative Subtypen eingeteilt. Da im fortgeschrittenen Stadium der proliferativen Typen eine Erblindung möglich ist, muss bei Patienten mit gesicherter Grunderkankung regelmässig auf Sichelzellretinopathie kontrolliert werden. Eine günstige Behandlung der Sichelzellerkrankung kann die Sichelzellretinopathie positiv beeinflussen. Bei fortgeschrittener Erkrankung können Laseranwendungen und chirurgische Eingriffe hilfreich sein.

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