Sympathische Ophthalmie

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Sympathische Ophthalmie

Kategorien: AugenentzündungenVeröffentlicht am: 3. Dezember 2020Von 7,3 min LesezeitAktualisiert: 3. Dezember 2020
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Inhaltsverzeichnis

Sympathische-Ophthalmie

Einführung

Die sympathische Ophthalmie (Ophthalmia sympathica) ist eine seltene beidseitig auftretende und progredient verlaufende granulomatöse Panuveitis (Entzündung der Uvea), die nach einer perforierenden Verletzung eines Auges auftritt. Die Erkrankung kann unbehandelt zu einer beidseitigen Erblindung führen.

Was ist eine sympathische Ophthalmie?

Die Bezeichnung der Augenerkrankung leitet sich vom griechischen Verb sympathein (= mitleiden) und dem griechischen Nomen opthalmia (= Augenentzündung) ab. Hierbei wird zunächst die Gefässhaut (Uvea) eines Auges – des sogenannten erregenden Auges – infolge eines Traumas oder eines intraokulären Eingriffs mit Beteiligung der Uvea verletzt.

Die durch die Verletzung ausgelöste Entzündung der Gefässhaut (Uveitis) kann auf das eigentlich gesunde kontralaterale Auge – das sogenannte sympathisierende Auge – übergreifen. In 90 Prozent der Fälle geschieht dies innerhalb eines Jahres nach Auftreten der Verletzung, kann aber auch erst viele Jahre später stattfinden

Da bei der sympathischen Ophthalmie die gesamte Gefässhaut, die aus Regenbogenhaut (Iris), Ziliarkörper (Corpus ziliare) und Aderhaut (Choroidea) besteht, von der Entzündung betroffen ist und durch diese kleine, abnormale Zellklumpen (Granulome) gebildet werden, sprechen Mediziner von einer granulomatösen Panuveitis.

Pathogenese: Wie entsteht die Erkrankung?

Warum das verletzte Auge dauerhaft entzündet und diese Entzündung schliesslich auch auf das Partnerauge übergreift, ist bislang nicht abschliessend geklärt. Vermutet wird allerdings eine autoimmunologische Genese, weshalb die sympathische Ophthalmie auch zu den Autoimmunuveitiden gezählt wird.

Im verletzten Auge kommt es zu einem T-Zell-vermittelten Immunprozess und aufgrund einer Fehlregulierung des Immunsystems zu einer entzündlichen Autoimmunreaktion gegen uveale Zellen. Infolge der Verletzung werden Antigene gebildet und freigesetzt, die vom Immunsystem als körperfremde Antigene interpretiert werden und nach einer gewissen Zeit auch zu einer fortschreitenden Immunreaktion gegen die uvealen Zellen des gesunden Auges führen. Die Entzündungsreaktion kann daher nicht nur zur Erblindung des ursprünglich verletzten Auges, sondern auch des eigentlich gesunden Partnerauges führen.

Hinsichtlich der Art der beteiligten Antigene besteht noch keine Einigkeit unter den Experten. Eine japanische Studie zeigt hier eine Assoziation mit den Antigenen HLA-DRB104 und HLA-DQB1, die auch von einer deutschen Studie bestätigt wurde und auf eine Beteiligung genetischer Faktoren hinweist. Diese Antigene sind allerdings nicht bei allen Betroffenen zu finden, weshalb es hier einer weiteren Abklärung bedarf. Darüber hinaus gibt es Hinweise darauf, dass bakterielle Infektionen eine sympathische Ophthalmie begünstigen.

Häufigkeit

Die sympathische Ophthalmie ist eine sehr seltene Erkrankung im Bereiche der Augenheilkunde. Sie zeigt sich zumeist innerhalb von drei Monaten nach einer Verletzung durch ein Trauma oder eine Operation am Auge. Bei etwa 1:1000 bis 1:1650 Personen mit einer penetrierenden Augenverletzung manifestiert sich eine sympathische Ophthalmie. Das höchste Risiko besteht nach einer Verletzung des Ziliarkörpers.

Was sind die Leitsymptome?

Die Betroffenen klagen charakteristischerweise über Seh- und Wahrnehmungsstörungen, Lichtscheu sowie dumpfe Schmerzen am unverletzten Partnerauge. Zudem ist die Akkommodationsfähigkeit (= Fähigkeit zur Naheinstellung des Auges) bereits im Frühstadium eingeschränkt, was insbesondere bei jungen Betroffenen ein wichtiges Zeichen darstellt. Mögliche extraokuläre Anzeichen einer sympathischen Ophthalmie sind Kopfschmerzen, Schwerhörigkeit, Meningitis oder Pleozytose des Liquors, Poliose und Vitiligo.

Daneben können in Abhängigkeit vom Verletzungsausmass verschiedene Komplikationen wie Sekundärglaukom, Katarakt, Aderhautblutungen oder Netzhautablösungen auftreten.

Diagnose einer sympathischen Ophthalmie

Die Diagnose der sympathischen Ophthalmie beruht auf der Vorgeschichte (Leitfrage: Liegt ein zurückliegendes Augentrauma vor?) sowie den klinischen Symptomen. Bildgebende Verfahren wie eine Fluorescein- oder Indocyaningrün-Angiographie, eine B-Scan-Ultrasonographie und eine optische Kohärenztomographie können die Diagnose zusätzlich absichern.

So manifestiert sich bei einer sympathischen Ophthalmie zu Beginn typischerweise eine Papillitis mit Papillenschwellung. Als Papillitis bezeichnen Mediziner eine Entzündung (-itis) des Sehnervs im Bereich seiner Austrittsstelle aus dem Augenbulbus (Papille). Sie bedingt Sehstörungen bis hin zum Verlust der Sehkraft.

Auch der Augeninnendruck ist erhöht. Im späteren Verlauf zeigt sich eine Entzündung der Aderhaut (Choroidea) mit Beteiligung der Netzhaut (disseminierte Chorioretinitis mit Entzündungsherden am gesamten Augenhintergrund) mit Dalen-Fuchs-Knötchen. Diese weiss-gelblichen Infiltrate bzw. Läsionen des Pigmentepithels erkennt der Augenarzt im Fluoreszenzangiogramm anhand eines fokalen Farbstoffaustritts. Langfristig bilden sich retinale Narben, die im Bereich der Makula eine ausgeprägte Sehstörung hervorrufen.

Im Rahmen einer optischen Kohärenztomografie (OCT) kann eine mögliche seröse Netzhautablösung, ein Makulaödem sowie die Entwicklung einer choroidalen Neovaskularisation (Gefässneubildung in der Aderhaut) beurteilt und beobachtet werden.

Sollte das verletzte Auge entfernt worden sein, kann die Diagnose auch histologisch anhand des Entzündungsprofils des entfernten Auges erfolgen. Dieses zeigt eine nicht-nekrotisierende Infiltration der Aderhaut (Chorioidea) mit mononukleären und Epitheloid-Zellen. Im Rahmen von Laboruntersuchungen kann zudem eine infektiöse Uveitis ausgeschlossen werden.

Differenzialdiagnose: Abgrenzung von ähnlichen Augenerkrankungen

Die sympathische Ophthalmie muss insbesondere von Entzündungen mit vermuteter autoimmunologischer Genese wie beispielsweise eine Sarkoidose oder das Vogt-Koyanagi-Harada-Syndrom abgegrenzt werden.

Als schwierig gilt insbesondere die Abgrenzung der sympathischen Ophthalmie vom Vogt-Koyanagi-Harada-Syndrom (VKH-Syndrom) bei nicht gesichertem Augentrauma in der Vorgeschichte, da beide Erkrankungen ähnliche Symptome aufweisen und eine zurückliegende Augenverletzung als entscheidendes differenzialdiagnostisches Kriterium gilt. Beim VKH-Syndrom treten neurologische und dermatologische Symptome auf. Bei der sympathischen Ophthalmie beschränken sich die Symptome nur auf die Augen.

Auch eine Sarkoidose (erhöhter ACE-Wert), Syphilis (positiver FAT-ABS-Test), Tuberkulose (positiver Quantiferon-Test sowie charakteristische Knötchen im Thorax-CT bzw. -Röntgen) sowie ein uveales Effusionssyndrom (Hyperfluoreszenz in Leopardenmusterung bei der Fluoreszenzangiographie) sind bei einem nicht nachgewiesenen Augentrauma differenzialdiagnostisch auszuschliessen.

Darüber hinaus kann sich nach einer penetrierenden Verletzung auch eine Endophthalmitis manifestieren, die ebenfalls durch eine Panuveitis gekennzeichnet ist. Auch andere Formen der posttraumatischen Uveitis wie eine linseninduzierte Uveitis (phakoanaphylaktische Endophthalmitis mit unauffälligem Partnerauge) oder posttraumatische Iridozyklitis (Entzündungsreaktion von Uvea und Iris nach stumpfem Trauma) müssen ausgeschlossen werden.

Behandlung

Liegt eine penetrierende Augenverletzung vor, senkt der unmittelbare und sorgfältige Verschluss sämtlicher Wunden das Risiko für die Entwicklung einer sympathischen Ophthalmie. Primär wird zudem eine über mindestens drei Monate andauernde Behandlung mit hochdosierten Kortikosteroiden eingeleitet. 

In Abhängigkeit vom Therapie-Erfolg kann die Dosis anschliessend schrittweise reduziert werden, bis mit Abklingen der Symptome eine sechs- bis zwölfmonatige Therapie durchgeführt wird. Ist die Entzündung nicht durch eine Steroidbehandlung zu kontrollieren, kann eine aggressive Immunsuppression mit Immunmodulatoren wie Cyclophosphamid, Azathioprin oder Cyclosporin erfolgen.

Frühzeitige Enukleation als Prophylaxe

Ist das erregende Auge schwer verletzt, vollständig erblindet und zudem chronisch entzündet, wird dieses zur Prophylaxe häufig frühzeitig entfernt, um einer Entzündung des Partnerauges vorzubeugen. Dies gilt insbesondere, wenn zusätzlich eine Augenapfelschrumpfung (Phthisis) vorliegt.

Bei dieser sogenannten Enukleation wird der Augapfel aus der Orbita operativ entfernt. Hierzu eröffnet der Operateur zunächst die Bindehaut am Übergang zwischen Horn- und Lederhaut (Limbus) und durchtrennt die äusseren Augenmuskeln an den skleralen Ansätzen. Nun rotiert der Operateur das Auge stark zu Gegenseite und führt eine gebogene Schere ein, mit deren Branchen er den Sehnerv ertastet, ergreift, schliesslich durchtrennt, um den Augapfel zu entfernen.

Nach einer mehrminütigen Kompression aufgrund der zumeist starken Blutung aus der Zentralarterie kann der Platzhalter in die Orbita eingesetzt und über diesem die Augenmuskeln vernäht werden, sodass der Platzhalter mit den Augenbewegungen des Partnerauges gut mitbewegt werden kann. Abschliessend verschliesst der Operateur die Bindehaut wieder. Nach einigen Wochen kann schliesslich eine Augenprothese in den Bindehautsatz eingesetzt werden. Aufgrund der sich verändernden Grösse des Bindehautsacks muss diese Prothese regelmässig angepasst werden.

Die Entfernung eines noch sehenden Auges wird im wissenschaftlichen Diskurs kontrovers diskutiert. Zum einen kann die Mitentzündung des sympathisierenden Auges durch eine Enukleation nicht in allen Fällen aufgehalten werden, insbesondere bei Entfernung des Augapfels zu einem späteren Zeitpunkt. Zum anderen kann das erregende (verletzte) Auge später das potenziell besser sehende Auge sein.

Neben einer Enukleation ist auch eine Eviszeration möglich. Bei dieser entfernt der Operateur lediglich die Hornhaut und das Augeninnere, während der eigentliche Augapfel erhalten bleibt. In den anschliessend leeren Augapfel wird nach der Eviszeration das Implantat eingesetzt.

Prognose

Während die Prognose früher aufgrund der fehlenden mikrochirurgischen Techniken zur optimalen Versorgung der auslösenden Augenverletzungen schlecht war, ist die Erkrankung heute dank moderner Immunsuppressiva und hochdosierter Kortikosteroidbehandlung beherrschbar

Voraussetzung sind allerdings ein schneller Wundenverschluss sowie eine rechtzeitige Diagnose mit frühzeitigem Therapiebeginn. Untherapiert führt eine sympathische Ophthalmie zu beidseitiger Erblindung bei Patienten. Aufgrund häufiger Rezidive und Komplikationen müssen die Betroffenen zudem langfristig überwacht werden.

Wenn Sie bezüglich dieser Erkrankung oder anderer Uveitiden Fragen haben, können Sie sich gerne an unsere Augenarztpraxis wenden.

Quellen

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