Uveitis Maskierungs-Syndrome (Masquerade-Syndrome)

Uveitis Maskierungs-Syndrome (Masquerade-Syndrome)

Kategorien: Syndrome & AugenerkrankungenVeröffentlicht am: 24. Januar 2023Von 10,7 min LesezeitAktualisiert: 1. April 2024

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Inhaltsverzeichnis

uveitis maskierungs syndrome kopie

In der Augenheilkunde ist die Einschätzung der klinischen Diagnosen entscheidend für die Behandlung und Therapie. Viele Diagnosen lassen sich mit Hilfe einer Spaltlampe entdecken, wobei es seltene Krankheiten gibt, die nur schwer zuzuordnen sind oder sich erst verzögert als Tumor diagnostizieren lassen.

Mit dem Maskierungs-Syndrom sind verschiedene maligne oder benigne Erkrankungen gemeint, die Entzündungen nachahmen, ohne tatsächlich zu der Gruppe der Uveitiden zu gehören. Eine korrekte Diagnostik ist mit einer ausführlichen Anamnese und mit bildgebenden Untersuchungsverfahren dennoch schwierig, während eine falsche Diagnose für Patienten gefährlich werden kann.

Eine intraokulare Biopsie kann hier zur diagnostischen Sicherung eines Masquerade-Syndroms herangezogen werden. Unter einer Biopsie versteht man einen chirurgischen Eingriff zur Entnahme und Untersuchung einer geringen Menge von Gewebe aus einem lebenden Organismus, das bedeutet, dass bei einer Biopsie Ärzte und Ärztinnen mit unterschiedlichen Techniken Zellen bzw. Gewebeproben, das sog. Biopsat, aus dem Körper entnehmen. Die Proben der Biopsie werden anschließend von Pathologen im Labor unter dem Mikroskop genauestens untersucht..

Was sind Uveitis Maskierungs-Syndrome?

Wenn eine mehrdeutige klinische Symptomatik vorliegt, beispielsweise bei einem Lymphom-Befall im Glaskörper oder an der Netzhaut, wird von einem Uveitis Maskierungs-Syndrom gesprochen. Bei der Netzhaut handelt es sich um einen Teil des hinteren Augenabschnittes. Damit sind unterschiedliche maligne und nicht-maligne Erkrankungen gemeint, die sich maskieren und andere Krankheiten nachahmen. Das erschwert eine korrekte Diagnosestellung und Behandlung.

Zum ersten Mal wurde der Begriff 1967 für die Beschreibung eines Bindehaut-Karzinoms verwendet, das klinische Zeichen einer chronischen Bindehautentzündung aufwies. Unter das Uveitis Maskerade-Syndrom (UMS) fallen alle okularen und systemischen Pathologien, die sich in intraokular infiltrierten Zellen manifestieren. Unterschieden wird in neoplastische und in benigne Maskierungs-Syndrome mit einem breitem Spektrum an Symptomen, bei denen es gilt, bestimmte Erkrankungen ausschliessen zu können und die tatsächliche Ursache zu bestimmen.

Neoplastische Maskierungs-Syndrome

Uveitis Maskerade-Syndrome treten zwar selten auf, sind aber eine wichtige klinische Erscheinungsform, die eine besondere Aufmerksamkeit erfordert, um Fehldiagnosen zu vermeiden. Durch die Nachahmung einer Uveitis ist die Diagnose erschwert, gleichzeitig im frühen Erkennen entscheidend für die Erhaltung der Sehschärfe des Auges oder lebensrettend bei neoplastischen Maskierungen. Schwerpunkt bilden dabei die neoplastischen Transformationen, die eine Umwandlung einer normalen Zelle in eine Tumorzelle beinhalten. Dazu gehören Lymphome als bösartige Tumoren im lymphatischen System, aber auch die Leukämie und die Bildung von Metastasen, die untypisch auftreten können und die Erstdiagnose beeinträchtigen, wenn z. B. ein Bronchialkarzinom statt als Aderhautprozess als Glaskörperinfiltration gedeutet wird. Bei einem Bronchialkarzinom handelt es sich um Lungenkrebs oder einem Lungenkarzinom. Bronchialkarzinome gehören daher zu den bösartigen Tumorkrankheiten.

Intraokulares Lymphom

Intraokular ist bei einer Augenerkrankung die Uvea und ihre Strukturen betroffen, aber auch die Retina in der Verbindung mit dem Corpus vitreum. Unterschieden wird dabei zwischen einem systemischen Befall und primären Lymphomen. Das primäre intraokulare Lymphom (PIOL) oder das primäre vitreoretinale Lymphom (PVRL) gehören zur Untergruppe des ZNS-Lymphoms, bei dem die Retina, der Subretinalraum oder der Glaskörper befallen sind. Die Entzündung kann sich auf die okularen Strukturen beschränken oder im Zentralnervensystem auftreten, wenn eine Verbindung mit dem primären Lymphom vorliegt.

Durch das unspezifische Erscheinungsbild und die anspruchsvolle histopathologische Diagnostik verzögert sich häufig die Diagnose des PIOL. Die zytologische Untersuchung von bestimmten Glaskörperproben stellt derzeit einen Maßstab zum Ausschluss eines PIOLs dar.

Meistens zeigt sich der klinische Verlauf des PVRL´s als steroidresistente Uveitis und erschwert als unspezifisches Erscheinungsbild die Diagnose, so dass das primär vitreoretinale Lymphom als primäres ZNS Lymphom gedeutet und als inflammatorische Erkrankung übersehen wird. Gleichzeitig stellt das PVRL das häufigste intraokulare Lymphom und die Mehrheit der neoplastischen uveitischen Maskierungs-Syndrome dar. Gerade spezifische klinische Zeichen, wie z. B. die Kettenbildung der Zellen im Corpus vitreum, sind ein wichtiger Hinweis, um das Maskerade-Syndrom zu erkennen.

Primäres uveales Lymphom

Das primäre uveale Lymphom ist die noch seltener auftretende Form des intraokularen Lymphoms. Die Erkrankung tritt an der Aderhaut, an der Iris oder am Ziliarkörper, also sowohl an dem vorderen Augenabschnitt als auch an dem hinteren Augenabschnitt, auf. Es stammt typischerweise von B-Zellen und wird als primär klassifiziert, wenn die Uvea den Ort der Beschädigung bildet. Auch hier zeigt sich ein breites Spektrum an unspezifischen Symptomen und die Erkrankung tarnt sich in verschiedenen Augenerkrankungen, die sich nicht systemisch manifestieren müssen oder eine geringere Aggressivität vortäuschen.

Leukämie

Die Leukämie bildet einen Überbegriff für eine Gruppe mehrerer hämatologischer Malignome, die entweder von myeloiden oder lymphozytären Zell-Linien stammen, dabei ihren Ursprung in den weissen Blutkörperchen haben. Bei Leukämiepatienten ist eine Augenerkrankung häufig zu beobachten, wobei die okulare Manifestation auch variabel auftritt, da sich die Leukämie in fast jedes Augengewebe entweder direkt oder sekundär infiltrieren kann. Auch durch Komplikationen, die durch hämatologische Anomalien verursacht werden, kann eine Infektion auftreten. Es gibt eine Reihe moderner Behandlungsformen, die zu einer signifikanten Verbesserung der Symptome beitragen.

Intraokulare Metastasen

Eine häufige Art der Malignität sind intraokulare Metastasen. Sie treten verstärkt in den gut durchbluteten Regionen des Auges auf, darunter im Uveal-Trakt. Die Maskierungs-Symptome können dabei verschiedene okulare entzündliche Zustände annehmen und beispielsweise eine granulomatöse Erkrankung oder posteriore Skleritis nachahmen.

Benigne Maskierungs-Syndrome

Nicht-maligne Krankheitsbilder, die unter das Maskierungs-Syndrom fallen, müssen mit Hilfe von Differentialdiagnosen ausgeschlossen werden. Meistens bestehen hervorragende Behandlungsmethoden, um frühzeitig auf die Erkrankungen zu reagieren. Oftmals lösen Fremdkörper verschiedene Komplikationen aus, aber auch das Pigmentdispersionssyndrom und andere Diagnosen.

Intraokularer Fremdkörper

In das Auge können verschiedene Fremdkörper eindringen, darunter Staub, Schmutz oder Wimpern. Ein grösserer Fremdkörper erfordert die Behandlung beim Augenarzt, wobei Verletzungen in verschiedenen Augenregionen entstehen können. Besonders Schwermetalle bewirken eine zügige Netzhautdegeneration und können bis zum Sehverlust führen. Eine frühzeitige Diagnose ist daher entscheidend, da übersehene Fremdkörper, die länger im Auge verbleiben, oftmals atypische Symptome auslösen, einschliesslich einer chronischen Entzündung des vorderen und hinteren Augenbereichs, mit der Nachahmung einer Uveitis.

Pigmentdispersionssyndrom

Bei einem Pigmentdispersionssyndrom (PDS) kommt es auf der Rückseite der Iris zu einer Ablösung von Pigmentzellen, die dann frei im Augenkammerwasser schweben. Wird das Auge nicht behandelt, findet eine Ansammlung der Pigmentzellen in der vorderen Augenkammer statt oder eine Ablagerung auf Iris und Linse. Das kann bis zu einer Verstopfung des Kammerwasserabflusssystems oder zu einem Pigmentglaukom führen. Die Erkrankung kann akut oder fortschreitend sein. Die Symptome des PDS‘ zeigen sich ähnlich wie bei einer akuten Uveitis anterior.

Retinitis pigmentosa

Die Retinitis pigmentosa ist eine seltene Degeneration der Retina, die zu einem mittleren oder auch schweren Verlust der Sehfähigkeit führen kann. Oftmals ist die Krankheit vererbt und bewirkt durch die Degeneration der Fotorezeptoren das erschwerte Sehen bei Dämmerung. Die Erkrankung weist weniger Entzündungen auf, sondern beinhaltet einen fortschreitenden Zelltod der Rezeptoren. Das bewirkt, dass variierende Symptome eine Uveitis nachahmen. Zu den häufigen Befunden gehören Ablagerungen im Corpus vitreum oder eine Hypopigmentierung.

Okuläre Amyloidose

Bei der okulären Amyloidose kommt es zu einer vermehrten Ablagerung von Proteinen in den Zellzwischenräumen. Auch hier sind die Symptome sehr unspezifisch, wenn sich die Fibrillen in Organen, Gefässen, Gewebe und Nerven ablagern. Das Protein ist dabei unlöslich und reichert sich im extrazellulären Raum und Augengewebe an. Es kann sich bis zu einem Glaukom oder zu einer Hornhauttrübung entwickeln. Die Symptome ähneln einer Uveitis anterior, während sich eine Amyloidose vermuten lässt, wenn diese resistent gegen Kortikoide ist.

Okuläres Ischämiesyndrom

Mit dem Okulären Ischämiesyndrom (OIS) sind verschiedene krankhafte Veränderungen des Auges gemeint, die durch chronische arterielle Verschlusskrankheiten verursacht werden, üblicherweise durch eine A. carotis interna. Die Erkrankung bewirkt u. a. eine Verschlechterung des Sehens und ist oft schmerzhaft. Es kann zu einer Irisneovaskularisation kommen, während bei einigen Patienten auch entzündliche Zellen im Kammerwasser vorgefunden wurden, die eine Uveitis nachahmen.

Netzhautablösung

Eine Netzhautablösung tritt sowohl als akute als auch chronische Form der Maskierung auf. Atypische Symptome entwickeln sich aus einer Vitreoretinopathie als Erkrankung des Glaskörpers oder der Retina, in Verbindung mit einer intraokularen Entzündung, einer Hypotonie oder Aderhautablösung. Die Identifizierung der Netzhautbrüche kann durch die Bildung hinterer Gewebeschichtverklebungen erschwert sein. Eine Ablösung der Retina sollte einbezogen werden, wenn negative Laborbefunde vorliegen, die auf eine immunvermittelte Uveitis hindeuten.

Maskierungs-Syndrome bei Kindern

Einige Symptome zeigen sich bereits im Kindesalter und benötigen eine frühzeitige Behandlung, um einer Verschlechterung des peripheren Sehens vorzubeugen. Dabei müssen verschiedene Erkrankungen ausgeschlossen werden, um eine atypische Uveitis nicht zu übersehen. Besonders unklare Fälle benötigen frühzeitig eine Narkoseuntersuchung oder die Nutzung bildgebender Verfahren, um Fehldiagnosen zu vermeiden.

Retinoblastom

Das Retinoblastom tritt bei Säuglingen und Kleinkindern auf und ist eine seltene Krebserkrankung des Auges, die von den Zellen der Retina ausgeht. Sie kann in einer erblichen oder nicht-erblichen Form auftreten und sich durch diffuse Symptome in einer uveitischen Maskierung manifestieren, darunter als Uveitis anterior oder Uveitis posterior, während es sich um Manifestationen eines infiltrierten Subtyps handelt, der ähnliche Symptome aufweist und damit falsche Diagnosen ermöglicht.

Morbus Coats

Morbus Coats ist eine seltene angeborene Erkrankung, bei der sich die Netzhautgefässe erweitern oder im äusseren Netzhautbereich undicht sind und Aneurysmen auslösen. Das führt zur Ansammlung von Exsudaten und Blutungen unter der Netzhaut, die eine flächige Netzhautablösung bewirken. Auch hier ist der klinische Befund sehr unterschiedlich und zieht häufig falsche Diagnosen nach sich, die einen Sehverlust begünstigen. Eine mit der Erkrankung stattfindende Entzündung kann eine Uveitis vortäuschen, so dass Morbus Coats bei Kindern in die Diagnose mit einbezogen werden sollte.

Juveniles Xanthogranulom

Bei dem juvenilen Xanthogranulom handelt es sich um eine gutartige Form der Histiozytose, die als seltene systemische Erkrankung im Säuglings- und Kleinkindesalter auftritt. Typisch für den klinischen Befund sind beispielsweise gerötete oder gelbe Knoten in den Inguinal- und Achselfalten und im Kapillitium und granulomatöse Läsionen der Iris. Die Erkrankung sollte bei einer atypischen Uveitis, die auf keine Therapie anspricht, ausgeschlossen werden, um weitere Behandlungsmethoden anzuwenden.

Medulloepitheliom

Beim intraokulären Medulloepitheliom handelt es sich um einen selten auftretenden Augentumor, der eine grau- oder gelbgefärbte zystische Masse bildet, die im Ziliarkörper, gelegentlich auch in der Netzhaut, Iris, im Sehnerv oder Sehnervenkopf entsteht. Betroffen sind Kinder im Alter zwischen zwei bis zehn Jahren. Die Erkrankung verursacht Schmerzen und kann den Sehverlust nach sich ziehen. Wenn der Augentumor über einen längeren Zeitraum nicht im Ziliarkörper entdeckt wird, kann es zu sekundären Manifestationen kommen, darunter eine Uveitis oder ein Glaukom. Oftmals wird das sekundäre Problem behandelt, während der Augentumor nicht diagnostiziert wird und sich so ausbreiten kann.

Die Diagnostik bei Maskierungs-Syndromen

Uveitis Maskierungs-Syndrome verzögern zahlreiche klinisch schwer einschätzbare Befunde und erschweren damit die frühzeitige Diagnostik von Tumoren und nicht-maligner Erkrankungen. So wird ein primär vitreoretinales Lymphom oft als primäres ZNS Lymphom gedeutet, da die Erkrankung dem klinischen Bild einer Uveitis ähnelt. Augenärzte müssen auf ein fundiertes Wissen zurückgreifen, um die Symptome von primären und sekundär onkologischen Erkrankungen erkennen und behandeln zu können.

Gerade bei älteren Patienten, die nicht auf eine kortisonshaltige Therapie ansprechen, sollten Maskierungs-Syndrome berücksichtigt werden. Erforderlich ist daher eine gründliche Augenuntersuchung mit der Spaltlampe, darüber hinaus auch zusätzliche diagnostische Methoden wie z. B. eine Optische Kohärenztomographie (OCT), eine Fluoreszenzangiographie, der Augenultraschall, eine Schädel-MRI und die Blutentnahme.

Die Therapie bei Maskierungs-Syndromen

Die Behandlung erfolgt in Abhängigkeit der Ursache, der Schwere und des Verlaufes. Standardisierte Verfahren gibt es momentan noch nicht. Daher richtet sich die Therapie immer auf die Art der Erkrankung und auf eine Diagnose mit dem Ausschluss anderer Krankheitsbilder aus, die nachgeahmt werden.
Wichtig ist eine erneute Untersuchung, wenn die Verdachtsdiagnose einer Uveitis sich als falsch herausgestellt.

Die Therapie findet in der Regel zunächst mit entzündungshemmenden Medikamenten statt oder als spezifische Therapie. Auch wenn die Ursache der Krankheitsbilder nicht sofort bekannt ist, gibt es effektive Therapieformen, bei denen das Hauptziel die Behandlung und die Kontrolle über die Augenentzündung, die Vermeidung von Komplikationen und die Bewahrung des Sehvermögens bildet.

Fazit

Uveitis Maskierungs-Syndrome müssen in bestimmten Krankheitsbildern vorausgesetzt werden, um eine Fehldiagnose zu vermeiden. Sie erfordern das systematische Ausschliessen von Erkrankungen, die sich als Uveitis tarnen. Das ist besonders bei neoplastischen Erkrankungen notwendig, da das Übersehen eines Tumors eine erfolgreiche Therapie erschwert.

Eine falsche Behandlung kann das Auftreten der Symptome verzögern oder den Krankheitsprozess vorübergehend unterdrücken. Werden Maskierungs-Syndrome nicht rechtzeitig erkannt, kann die Erkrankung fortschreiten und ein Stadium erreichen, das eine Heilung unmöglich macht. Wichtig sind die sorgfältige Anamnese und klinische Untersuchungen, um weitere Zusatzuntersuchungen ohne Zeitverzug einzuleiten.

Quellen

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